Zukunft für Orange

Werbung
Werbung
Werbung

Wien beherbergt das größte Freie Radio des deutschen Sprachraums. Nun engagiert sich die Stadt finanziell, um das Überleben von "Radio Orange" zu sichern.

Das Bangen für Wiens einziges Freies Radio hat ein Ende: Der Gemeinderat der Stadt Wien hat im Oktober zum ersten Mal seit Bestehen von Radio Orange (Frequenz 94.0) eine - großzügige - Jahresförderung für den Sender beschlossen. 320.000 Euro erhält Radio Orange für das laufende Jahr 2004 an Unterstützung, die in Technik, Infrastruktur und Personalausbau des nichtkommerziellen Senders fließen sollen.

"Eine erfreuliche Entwicklung, denn der Betrieb von Radio Orange war langfristig gänzlich unterfinanziert", sagt Christian Jungwirth, Vorsitzender des HerausgeberInnenvereins von Radio Orange. Vor allem seit dem Wegfall der Bundessubvention im Jahr 2001 kämpfte Orange ums Überleben. "Der Betrieb des Senders stand auf der Kippe. Wir mussten mit überalterter Radiotechnik arbeiten, unser Personal war stets unterbezahlt und bekam die Löhne auch noch verspätet, weil es massive Liquiditätsprobleme gab", erzählt Jungwirth.

500 Radiomacher

Dabei ist Radio Orange das größte Freie Radio im deutschsprachigen Raum: Über 500 ehrenamtlich tätige Radiomacher gestalten das Programm.

"Durch die Förderzusage haben wir die bisher zuständigen freien Mitarbeiter, die für administrative Tätigkeiten beim Sender verantwortlich sind, fix angestellt", so Jungwirth, dessen Sender nunmehr acht Angestellte zählt. "Freilich handelt es sich dabei nur um Jobs, die für den Sendebetrieb notwendig sind, die Radiomacher selbst bleiben ehrenamtliche Mitarbeiter."

Bedingung für die Förderung durch die Stadt Wien waren ausgefeilte Relaunch-Konzepte für den angeschlagenen Sender. "Wir forderten, dass Orange sich Gedanken über eine Umstrukturierung des Programmschemas macht, ebenso über eine seriöse Bilanzierung durch Wirtschaftsprüfer", berichtet der Wiener SP-Gemeinderat Jürgen Wutzlhofer, der den Förderungsantrag von Radio Orange bearbeitet hat. "Nachdem diese Konzepte vorlagen, hat sich der Gemeinderat für die Unterstützung ausgesprochen, weil ein Freies Radio seit dem Wegfall der Bundesförderung dem Bund offenbar nicht mehr wichtig war." Der Stadt allerdings schon.

Ein Programmschema gab es bereits zum Orange-Sendestart. Da bisher aber jeder selbsternannte Radiomacher zur Orange-Redaktion kommen konnte, um dort eigene Sendungen über den Äther zu schicken, entwickelte sich daraus schnell ein programmlicher Wildwuchs. "Fehlende Ressourcen führten zu einem schleichenden Auflösungsprozess unseres Programmschemas", so Jungwirth. Jetzt soll alles besser strukturiert werden. Aber widerspricht das nicht dem Grundgedanken eines Freien Radios, wenn man versucht, ein kunterbuntes, öffentlichkeitskritisches Chaos in eine Sendestruktur zu pressen?

Niederschwelliger Zugang

Christian Jungwirth beruhigt: "Bei uns kann weiterhin jeder Radio machen. Einige der 500 ehrenamtlichen Radiomacher werden lediglich damit konfrontiert sein, Sendeplätze tauschen zu müssen. Am niederschwelligen Zugang zu Radio Orange wird sich nichts ändern."

Warum die ersehnte Förderung so viele Jahre auf sich warten ließ, erklärt sich Jungwirth so: "Es war ein langer Bewusstseinsmachungsprozess erforderlich. Wir mussten den Verantwortlichen erst einmal die Bedeutung von Freiem Radio im internationalen Kontext klarmachen." Die Stadt Wien habe allerdings "von Beginn an im Rahmen von Sendungen oder Veranstaltungen mit Radio Orange kooperiert", so Gemeinderat Wutzlhofer. "Aber niemals in der jetzigen Förderhöhe."

Mit dem Geld, das man bei Radio Orange bereits Ende 2003 in Aussicht gestellt bekam, werden nun neue Geräte angeschafft, die einen professionelleren Radiobetrieb ermöglichen sollen. Wutzlhofer: "Teilweise arbeitete man dort mit billigen Kopfhörern und Mikros aus dem Diskont-Markt." Darüber hinaus soll Geld auch ins Marketing fließen. "Auch für ein nichtkommerzielles Radio ist Öffentlichkeit wichtig", so Jungwirth. 220.000 bis 250.000 Euro Budget pro Jahr seien für den Senderbetrieb notwendig, die Stadt Wien habe weitere Unterstützung signalisiert. "Fix ist noch gar nichts, aber die Bereitschaft für ein offenes Radio ist da", meint Wutzlhofer.

Aus ORF-Gebühren

Ab 2007 will sich Orange aus eigenen Mitteln tragen. Für diese Zeit fordert Jungwirth ein Splitting der ORF-Rundfunkgebühren. "Der ORF erfüllt seinen Auftrag zum Teil nicht." Er fordert: "Alles, was in Österreich am Mediensektor öffentliches Interesse erfüllt, sollte aus den Rundfunkgebühren finanziert werden. Das gilt auch für Private und Freie Radios."

Mehr im Internet: www.orange.or.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung