Zwei Jahre Vielfalt pur

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Radio Orange feiert zweiten Geburtstag und startet ein kreatives Finanzierungsmodell.

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Radio Orange feiert zweiten Geburtstag und startet ein kreatives Finanzierungsmodell.

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Radio Orange ist bunt. In über 150 Programmen bieten die rund 400 ehrenamtlichen Mitarbeiter alles, was "nichtkommerzielle Ohren" hören wollen. Gesendet wird in zehn verschiedenen Sprachen. Die Bandbreite reicht von HipHop bis Jazz, vom Obdachlosenradio bis zur Literatursendung. Radio Orange, bekannt als das freie Radio in Wien, feiert Geburtstag. Zwei Jahre lang sendet das werbefreie und offene Radio nun schon auf der Frequenz 94.0.

"Vielfalt pur" lautet die Devise. Und die Gästeschar, die bei der Geburtstagsparty im "Flex" - einem alternativen Szenelokal - mitfeiert, beweist, dass die Devise stimmt. Ob Schauspieler, Akademiker oder Asylbewerber, ob Hund, Kind oder Frühpensionist - jeder möchte sich ein Stück vom orangen Geburtstagskuchen abschneiden.

"Jetzt kann man sagen, dass unser Konzept voll aufgegangen ist", freut sich Fiona Steinert, Obfrau von Radio Orange. Das Konzept eines freien Radiosenders besteht darin, dass jeder, der Lust hat, ehrenamtlich Radiosendungen produzieren kann. "Vor Sendestart war nicht geklärt, ob Leute kommen, die das machen wollen. Wenn heute jemand aufhört, warten schon fünf andere auf seinen Sendeplatz", erklärt die 29-jährige. Die Frage nach Personalproblemen entlockt ihr ein herzhaftes Lachen.

Beim Stichwort "Finanzierung" ist ihr und ihren Kollegen das Lachen bereits vergangen. War es doch eine böse Überraschung, als im Mai die vom Bund kommenden Förderungen um 75 Prozent gekürzt wurden. Die restlichen 25 Prozent - etwa 300.000 Schilling - erhielt Radio Orange nur noch für dieses Jahr. Ab 2001 werden die Förderungen vom Bund ganz gestrichen. "Es kann nicht einfach jeder, der Radio machen will, kommen und glauben, der Staat hat das zu finanzieren", begründet Katharina Stourzh, Pressesprecherin von Kunststaatssekretär Morak, die Kürzungen. Außerdem stünden die Sendefrequenzen umsonst zur Verfügung. Manuela Meier, die für die Öffentlichkeitsarbeit des Senders zuständig ist, sieht das anders: "Der Staat entzieht sich damit der Verantwortung, für ein freies Medienangebot zu sorgen. Freies Radio ist eine Dienstleistung, daraus ergeben sich unsere Forderungen." Die Kürzung der Mittel sei ein Rückschritt im Vergleich zu den Standards, die es in anderen europäischen Ländern gebe.

Aber auch wenn sich nach den Kürzungen vom Bund die Existenz des Senders deutlich schwieriger gestaltet, bleiben die orangen Radiomacher kreativ. Bis zum Ende des Jahres soll die Tochtergesellschaft "ContentCast" auf die Beine gestellt werden, mit der das vorhandene radiospezifische Know-how kommerziell verwertet werden soll. Dabei sollen Audioübertragungen von Pressekonferenzen und diversen Veranstaltungen an Internetanbieter verkauft werden. Weiters werden die bereits bestehenden Radioschulungen, in denen angehenden Radiojournalisten das Handwerk beigebracht wird, in Zukunft über "ContentCast" angeboten werden. Ziel ist eine Trennung von Programmgestaltung und Dienstleistungsangebot.

Trotz oder vielleicht gerade wegen finanzieller Komplikationen stecken die zehn angestellten Mitarbeiter ihre gesamte Energie in die Erhaltung von Wiens einzigem freien Radio. Aber eigentlich ziehen sie nur im Hintergrund die Fäden. "Wir sind vom Verein ,Freies Radio Wien' angestellt, um das Organisatorische zu übernehmen, etwa Programmkoordination oder Öffentlichkeitsarbeit. Die Programmschöpfung geschieht nur auf ehrenamtlicher Basis", erläutert Fiona Steinert ein Prinzip des freien Radios.

Ob ehrenamtlich oder nicht. Der Erfolg gibt Radio Orange recht. Gern gehört und gern gefeiert. Denn hätte es Eintrittskarten gegeben, wäre die Zweijahresparty bestimmt ausverkauft gewesen - und die Finanzierung für eine Zeit lang gesichert. Aber der Eintritt war frei.

Ob ehrenamtlich oder nicht. Der Erfolg gibt Radio Orange recht. Gern gehört und gern gefeiert. Zur Zweijahresparty im "Flex" kamen eine ganze Menge "oranger Hörer". Und niemand wunderte sich, als ein älterer Herr spätabends verkündete: "Natürlich geh i jetzt shaken". Vielleicht gehört er zu der Sendung "von Senioren aber nicht nur für Senioren". Wie hieß sie doch gleich? Ah ja, "Radio im besten Alter".

Zusätzlich zu "ContentCast" wird das Radio-Abo als wesentliche Finanzierungsquelle bestehen bleiben. Es kann um 400, 800 oder 1.200 Schilling erworben werden und ermöglicht dem Besitzer ein Mitspracherecht bei der Programmgestaltung. Weiters erhält jeder Abonennt die Mitgliedszeitschrift und hat die Möglichkeit Freikarten für verschiedene Veranstaltungen zu bekommen. Die momentan rund 1400 verkauften Abos decken etwa 20 Prozent der Gesamtfinanzierung.

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