Zweifelhafte Schuld

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Zwei angebliche Kinderschänder stehen in "Capturing the Friedmans" vor Gericht. Und der Zuseher wird zum Richter.

Am Beginn des Dokumentarfilmes stehen eine Hausdurchsuchung und eine schnelle Erkenntnis: Arnold und Jesse Friedman sind abscheuliche Monster. Der Hintergrund: Im US-amerikanischen Great Neck wurde 1987 bekannt, dass ein angesehener Lehrer gemeinsam mit seinem damals 19-jährigen Sohn über Jahre hinweg die Schüler seiner Computerkurse vergewaltigt haben soll. Nach dem Interview mit einem Opfer wünscht man sich die beiden Verbrecher für immer hinter Gitter. (Vater Arnold hat sich im Gefängnis das Leben genommen, Sohn Jesse ist seit vorigem Jahr frei.)

Aber dann kommen Zweifel. Ist nicht doch alles eine Intrige? Warum bemerkten die Eltern keine Veränderungen an ihren Söhnen, die angeblich Dutzende Male vergewaltigt worden waren? Doch je tiefer "Capturing the Friedmans" in die Familiengeschichte der Angeklagten vordringt, desto mehr Zweifel an den Zweifeln keimen auf: Arnold gibt zu, Päderast zu sein. Gibt zu, seine ersten sexuellen Erfahrungen mit seinem damals achtjährigen Bruder gemacht zu haben (der davon nach eigenen Angaben nichts weiß). Die Söhne entlasten ihn, seine Frau liefert Indizien für seine Schuld. Aber welche Rolle spielt dabei ihre offensichtliche Hoffnung, der Familie zu entkommen?

Regisseur Andrew Jarecki ist es gelungen, in Interviews mit möglichen Opfern und Mitgliedern der Familie Friedman (auch mit Jesse), durch Fernsehberichte vom Verfahren sowie mit Szenen aus Familienvideos der Friedmans selbst nicht nur ein Verbrechen oder einen Justizirrtum zu dokumentieren, sondern auch, wie schnell man glaubt, was man glauben will.

Capturing the Friedmans

USA 2003. Regie: Andrew Jarecki. Mit Arnold, Jesse, David und Howard

Friedman. Verleih: Stadtkino. 107 Min.

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