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Abschied von der „Philharmonia Hungarica“

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Ihr erstes Konzert fand im Frühjahr 1956 im Großen Konzerthaussaal statt, und nun, am 25. November 1959, verabschiedete sich das ungarische Exilorchester mit einem Konzert im Großen Musikvereinssaal unter der Leitung Zöltan R o z s n y a i s, des gleichen Dirigenten, der die aus verschiedenen ungarischen Orchestern kommenden Musiker zu einem Klangkörper vereinigt und der das erste öffentliche Konzert des neuen Ensembles geleitet hat. Es war ein festlicher Abschied im gut besuchten Saal, ein Sprecher des Orchesters dankte Wien und Oesterreich (wo das Orchester über 100 Konzerte veranstaltet hat), es gab Blumen für den Leiter und demonstrativen Beifall für die Musiker. Dieses Abschiedskonzert war aber — glücklicher- und hocherfreulicherweise! — nicht das Signal zur Auflösung der „Philharmonia Hungarica“: das ungarische Exilorchester, das soeben von einer Tournee durch die USA und Kanada zurückgekehrt ist, wird mit Beginn des neuen Jahres in der westfälischen Stadt Marl eine neue Heimat finden, wo es als Stadtorchester engagiert ist. — Nach einer flott und präzis gespielten Rossini- Ouvertüre folgte das Violinkonzert von Brahms, dessen Solopart Ricardo Odnoposoff bravourös spielte. Und dann, nach der Pause, konnte man das Orchester noch einmal in zweien seiner Glanzstücke bewundern: in Bartöks „Tanzsuite“ und Kodalys „Tänzen aus Galanta". — Der Sprecher versprach’s — und wir dürfen hoffen, daß man in Wien die „Philharmonia Hungarica“ bald wird als Gastorchester wiederhören können.

H. A. F.’

Das Ensemble Wolfgang von Karajan widmete die erste Abteilung seines Konzerts im Mozartsaal dem „M usikalischen Opfer“ von J. S. Bach, einem Werk also, für das — ebensp wie für die „Kunst der Fuge“ — der Komponist keine Instrumentierung festgesetzt hat. Daraus ergeben sich für die Aufführüngspraxis immer wieder neue Möglichkeiten. Die Gäste sind dafür bekannt, daß sie möglichste Stiltreue anstreben, und die auf dem Podium aufgebauten tragbaren Orgeln sagen dem Besucher, noch ehe er einen Ton gehört hat,

daß man sich hier von Experimenten fernhalten will. In der Tat hat, sowohl was die Klangwirkung an sich betrifft als auch hinsichtlich der Technik und des überaus fein nuancierten Vortrages, das Werk nirgends den Eindruck kontrapunktischen Selbst: Zweckes gemacht. Alles klingt und blüht bis zur sechsstimmigen Schlußfuge. (Es wirkten mit: Wolfgang und Hedy von Karajan, Hans Andreae, Doktor Walter Haseke, Christa Richter-Steiner, Carl Maria Schwamberger und die Camerata Akademica des Mozarteums Salzburg.)

Der Oesterreichische Kammerchor, eine der letzten Gründungen der Wiener „Musikalischen Jugend“, debütierte im Mozartsaal. Der Dirigent der neuen Vereinigung, Günther T h e u r i n g, hat sich aus den jüngeren Mitgliedern verschiedener Wiener Chöre ein Ensemble zusammengestellt, das seine Wirksamkeit mit Bach-Kantaten begann. Die Kantate Nr. 105 „Herr, gehe nicht ins Gericht“ bewies die Qualitäten des Chors, der, nachdem er eine Spur des Lampenfiebers abgelegt hatte, in den einzelnen Stimmgruppen ansehnliches Volumen zeigte. Die zweite Kantate wurde zu einer „Choralprobe mit dem Publikum“, den Programmen lagen die Noten bei. Hier bemüht man sich erfolgreich um musikalisches Mitgestalten. (Als Solisten wirkten mit: Eleonore Ziwotsky, Patricia Fraher, Johannes Wetzler, Wolfgang Schellenberg, Eva Hitz- get, Werner Tripp und René Clemencic sowie ein Kammerorchester des „Jeunesses Musicales“.)

Die Chorvereinigung „Freie Typographia“ brachte nach Joseph Haydns „Stabat Mater“ die Erstaufführung der Kantate „Wort und Wun- d e r“ von Otto S i e g 1. Ein herbes, ernstes Werk, satztechnisch gekonnt, in der Führung des Chors und des Solosoprans mitunter zu dramatischen Höhepunkten vorstoßend.

Der Kuppelsaal des Paläls Schwarzenberg bot den festlichen Rahmen für einen Nachmittag mit Musik auf alten Instrumenten, vom Concentus mu- sicus mit einer derartigen Behutsamkeit in Tonwerten und solchem Stilgefühl gespielt, daß man sich nicht zu wundem brauchte, wenn der Saal (zum zweitenmal in einer Woche) für alle Gekommenen nicht ausreichte. Aus. Anlaß des Haydn-Jahres bot das Ensemble (Alice und Nikolaus Harnoncourt, Leopold Stastny, Peter Ronnefeld, Kurt Theinen, Josef de Sordi, Ernst Knava und Eduard Hruza) durchweg Musik von Joseph Haydn. Zunächst das gerade in den Farben der alten Instrumente köstlich klingende Quartett für Flöte, Viola, Violine und : Baß, charakteristisch durch das wechselseitige Auftreten der Flöte und Geige, über dem Baß. Die Konstruktion der nicht modernisierten Geige und der Ton der einklappigen Querflöte lassen auch dem Volumen des Cembaloklanges, was er braucht. Das Divertimento in G (für Baryton Viola ‘und Baß) zeigte, ‘WéÎdKèr-’vortfëffliehe Stüêk8’-îm "Me(borgend! schlummern? -"

Der Wien er Jeun ess e - C h er sang Scar- lattis „Missa di S. C e eil Ja“. Die einzelnen Stimmgruppen zeigten gute Atemführung und sichere Intonation. Die Solisten (Morag Noble, Trinitad Paniagua, Patricia Fraher. Adolf Tomaschek und Kurt Ruzicka) reichten substantiell nicht aus: Chor und Orchester (die nicht sonderlich gut disponierten Niederösterreichischen Tonkünstler) überwältigten oft die Einzelstimmen. Hingegen bot Sonja Draksler in der Rhapsodie op. 53 von Brahms mit ihrem warm klingenden, technisch gut behandelten Alt zusammen mit dem Männerchor einen guten Eindruck. Als Ereignis des Abends muß wohl das „Tedeum für die Kaiserin“ von Joseph Haydn gelten : ein Spätwerk großzügiger Anlage, hundertsechzig Jahre nach seinem Entstehen von unvergleichlichem Glanz, mit wahrer innerer Freude und sichtlicher innerer Anteilnahme von dem Chor unter Günther Theuring zu einem wirklichen • Lobgesang und Preis Gottes gestaltet.

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