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Adaptierter Mozart

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Ein ebenso willkommener wie Interessanter • Gast im Internationalen Orchesterzyklus, den die Gesellschaft der Musikfreunde veranstaltet, war die Dresdner Staatskapelle. Handelt es sich doch um jenes Orchester, das wiederholt von Weber, Wagner und Schuch geleitet wurde — und das bei der Uraufführung der meisten Richard- Strauss-Opern beteiligt war. Heute ist Kurt Sanderling sein ständiger Leiter, den wir vor Jahren an der Spitze der Leningrader Philharmoniker kennen und schätzen gelernt haben.

Mahlers IV. Symphonie stand, als Hauptwerk, durchaus „legitim“ auf dem Programm, denn die Dresdner Staatskapelle hat vor kurzem einen Zyklus mit allen Mahler-Symphonien veranstaltet — ein auf alle Fälle dankenswertes Unterfangen. Gespielt wurde genau und tonschön, wenn auch nicht immer so flexibel und ausdrucksvoll, wie man es bei uns gewöhnt ist. Das Solo von den „himmlischen Freuden“ (aus den von Arnim und Brentano im „Wun- derhom“ gesammelten Volksliedern) sang wahrhaft himmlisch die junge, an der Dresdner Staatsoper tätige Bulgarin Nelly Ailakowa. Ihr wohlklingender, dunkel timbrierter Sopran läßt keinen Wunsch offen; in der lebhaften Gestik verriet sich die Opemsängerim.

Weniger gut beraten waren die Gäste, als sie sich entschlossen, Paul Dessaus „Sinfonische Adaptionen" von Mozarts Es-Dur-Quintetf KV 614 mitzubringen. Es handelt sich hier um eine ziemlich grobschlächtige und witzlose Instrumentierung des kostbaren Kammermusikwerkes für großes Orchester mit ein paar künstlich aufgesetzten falschen Tönen und mit einem in symphonischem Lärm ausmündenden Finale. Wozu das Ganze? Der Komponist Dessau, 1894 geboren, Mitarbeiter

Bert Brechts und in Ost-Berlin tätig, motiviert diese Adaption (leider in schlechtem Deutsch) mit der „zeitgelbundenen, zeitweiligen Unterlassung, weniger Kammermusikkonzerte zu pflegen als andere Zeitalter“ und mit der „allzu geringfügigen Kenntnis dieses Werkes“. Das mag für die Leute im sächsischen Vogtland zutreffen, für uns jedenfalls war das Ganze ein Ärgernis. Auf alle Fälle: wir haben selten etwas Unnötigeres gehört.

Eingeleitet wurde das Konzert mit Webers Ouvertüre zu „Preziosa“. Hier und in der Mahler-Symphonie zeigte das Orchester seine beachtlichen Qualitäten, die vom Publikum auch entsprechend gewürdigt wurden.

Zum Thema: Musikfahrplan und Koordinierung: Während am vergangenen Wochenende und an den drei ersten Abenden der Woche in Wien nur je ein Kammerkonzert stattfand, waren für Donnerstag, den 24. November folgende Veranstaltungen angekündigt: Premiere der Wiener Kammeroper am Fleischmarkt („Die schalkhafte Witwe“ von Wolf- Ferrari), im Großen Rundfunksaal: Handels selten aufgeführtes Oratorium „Belsazar“, im Großen Ehrbarsaal ein Konzert des österreichischen Komponistenbundes unter dem Titel „Jugend singt und spielt österreichische Gegenwartsmusik“ und im Brahmssaal des Musikvereins der Liederabend Lear- Stewart. — Da dürfen sich die Veranstalter nicht wundem, wenn die eine oder andere ihrer Manifestationen schlecht besucht ist. Und der Kritiker mag Zusehen, wie er diesen Abend absolviert. Vielleicht wird er dem Rat des Seniors der ungarischen Komponisten, Zöltan Kodäly, folgen und, da er sich nicht entscheiden kann, ins Kino gehen.

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