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Amüsement auf Esterhäza

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Für eine superbe Unterhaltung des Fürsten brauchte man auf Ester- häza wieder einmal die Uraufführung einer heiteren Opera, und man bat den Hofmusicus Joseph Haydn, dafür Sorge zu tragen. Haydn lieferte prompt sein Opus ab, und am 26. Juli 1773 ging es erstmals über die Bühne, genannt „L’infedeltà delusa“, nach einem Libretto von Marco Coltellini. Im Zuge einer allgemein sich anbahnenden Haydn- Renaissance hat nun die Bayerische Staatsoper die szenische Erstaufführung dieses Werkes innerhalb der Münchner Opernfestspiele 1968 besorgt. In München bietet sich ja für derartige Unternehmungen des verspielt-heiteren Operntypus der wohl schönste Rahmen, den man sich vorstellen kann: Das Cuvilliés-Theater.

Nachdem allerdings Meister Haydn absolut kein Mann der Oper war, also den einzelnen Figuren weder dramatischen Elan, noch sinnlichen Esprit geben konnte — wie man das bei den Geschöpfen Mozarts immer wieder staunend gewahr wird —, und das simple Spiel vom schlauen Bauern, der seine schöne Tochter an einen reichen Mann bringen möchte und sich dabei tüchtig das Bein stellen lassen muß, auch nicht gerade , .urnwertend einfallsreich ist, besteht eigentlich nicht die Notwendigkeit einer szenischen Realisation: Fritz Rieger hatte das Werk vor einigen Jahren im Rahmen der Nymphenburger Sommeräpiele konzertant aufgeführt, mit einigen szenischen Andeutungen und von ihm persönlich gesprochenen Zwischentexten, und es wurde ein nachhaltiger, viel-

beachteter und stürmisch akklamder- ter Erfolg. Rudolf Hartmann hatte jetzt seine Schwierigkeiten mit der spärlichen Handlung, und er ließ seinen Akteuren zuviel Freiheit, mit ihren dürftigen Gags umzuspringen. Vielleicht aber war man besonders empfindlich für diese Dinge an einem Abend, der noch ganz im Schatten des unerwarteten Todes von Professor Joseph Keilberth, des Chefdirigenten der Bayerischen Staatsoper, stand. Erst nach einer gewissen Anlaufzeit begann das Publikum mitzugeben, und es kam etwas Stimmung und Atmosphäre auf, wozu die schwerelosen Bühnenbilder und die geschmackvollen Kostüme Ita Maximownas wesentlich beitrugen.

Mit Erika Köth (Vespina), Lotte Schädle (Sandrina), Gerhard Unger (Filippo), Adolf Dallapozza (Neneio) und Raimund Grumbach (Nanni) waren alle Partien exzellent besetzt. Der Hauptgenuß kam jedoch diesmal aus dem Orchestergraben. Christoph von Dohnanyi hatte die Münchner Philharmoniker — seit vielen Jahren schon hochverdiente Mitwirkende bei den Münchner Opemfestspielen — gut placiert, und er heizte seinem „Papa Haydn“ mitreißend ein. Vortrefflich, wie ihm die Philharmoniker dabä än ‘öfe Hand glhgerf, wie fie i-iede :Nuancierung und; , jede Phrasierung einhielten, wie sie mit kammermusikalischer Durchsichtigkeit musizierten, ohne 9ich im Ästhetischen zu erschöpfen. Was für eine schwache Oper, aber welch geniale Partitur, wenn sie so gespielt wird!

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