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Ariadne-Klage, Ballett -Variationen

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Die seit sieben Jahren bestehende „W i e n e r Kammeroper“, ein Ensemble aus jungen Künstlern, hat bisher — und zwar nur während der Sommermonate — im Schönbrunner Schloßtheater gespielt. Nun konnte sie zu ihrem siebenjährigen Jubiläum (man muß die Feste feiern, wie die Subventionen fließen I) und mit ihrem Premierenprogramm in ein „neues Haus“, das umgebaute und reno- lührungen, hatte ihr künstleristher Leiter Hans Gabor für diesen Abend ausgewählt: „Klage der Ariadne“ von Mon-

teverdi-Orff, „Der Spieler“ von Giuseppe Maria Orlandini und ,D i e Heirat“ von BohusJaw Martina. Walter Eichner führte Regie, Wolfram Skalicki (vom Grazer Opernhaus) schuf die Bühnenbilder, Gisela Zeh die Kostüme, Hans Gabor dirigierte das Wiener Rundfunkorchester.

Das schönste Stück Musik, eine dreiteilige Soloszene, stand am Anfang und wurde von Gitta Mikes-Csobadi mit großer, ausdrucksvoller und schön timbrierter Stimme in jener noblen Art interpretiert, die dem Stil Monte- verdis angemessen ist. Respekt vor dem großen Meister zeigt auch die gut klingende, auf alle äußerlichen Effekte verzichtende Instrumentierung Carl Orffs sowie der statische Stil der Inszenierung.

Eine von den 44 Opern Orlandini s, der 1750 in Horenz starb, führt den Titel „II Giocatore" und ist eine heitere Verkleidungs- und Verwechslungskomödie mit nicht gerade umwerfenden, aber an-

mutigen melodischen Einfällen. Hans Krämmet und Elisabeth Sob ot a waren die spielgewandten Protagonisten des launigen Qui-pro-quo, das von Eva Harand und Hannes Müller (als Komödianten) ballett-pantomimisch angestiftet wurde.

Die erfreuliche und wohltuende stilistische Geschlossenheit Orlandinis fehlt -PÄd .fßl T usiJtoidie der, Jm ■ vefgingen ! Jahr verstorbene tsche , ‘¡ifiieh in r Emi- grätiön lebende Komponist Bohuslaw M a r t i n u zu Gogols „H e i r a t“ geschrieben hat. Martina vermengt bedenkenlos und naiv den tschechischen und den russischen Musikdialekt mit verschiedenartigen Modernismen, etwa im Stil Strawinskys. AbeT seine Musik ist beweglich, melodisch und farbig, ihr Witz ist von recht handgreiflicher Art — und daher nicht ohne Wirkung. Sie ist melodisch und sangbar, das erleichtert die Arbeit sowohl des Regisseurs als auch des Orchesters und kam vor allem den Sängern zugute, die zeigen konnten, was sie können — und das ist ganz Beträchtliches. (Hans Krämmer als heiratslustiger Beamter, der im letzten Augenblick vor dem Ehejoch bockt; Lois Laverty als hübsche Kaufmannstochter und Heiratsobjekt; Hannes Müller, Maud Weyhausen und einige andere in Charakternebenrollen; Gale Doss schließlich als lebensgewandter Freund, der Podkoljosin zur Ehe anstiftet), — D ß manchmal echte -Gogol-Stimmung aufkäm, war nicht zuletzt den von Marc Chagall inspirierten, echt russischen. Bühnenbildern W. Skalickis zu danken.

Helmut A. Fiechtner

„Welchen Maßstab soll man anlegen?“ Aber es gibt nur einen künstlerischen Maßstab, der auch bei der Beurteilung des Ballettpremierenabends in der Volksoper Anwendung finden soll. „Ambitionen“ zählen da nicht, sondern nur das Erreichte, wirklich Realisierte. Infolge des Verzichts auf die ursprünglich vorgesehenen Ballette „La Valse“ von Ravel und „La Giara“ (Der Krüg) von Casella verlor der ganze Abend an Gewicht und schlitterte nach der Seite „Unterhaltung“, Kein Fehler an sich, wenn diese das entsprechende Niveau hält. Das war bei dem „Strauß-Bouquet leider nicht der Fall. Es litt vor allem an der ungeschickten Zusammenstellung von vier. Ge- schwindtänzen (deren Finale die „Schöne, blaue Donau“ bildete, ebenso schön wie überflüssig als Bühnentanz), durch deren rasantes Tempo die meisten Mitglieder des .Corps de Ballet’ überfordert waren. — ,;D e r Weg“, ein Ballett ohne Musik nach einer Idee von Hubert Hendrik, war ein Exempel für das andere Extrem: das Allzuanspruchsvolle. Der Weg des Menschen, der durch den Freund, die Freundin. das Weib, den Krieg, das Vergnügen „engagiert“ werden soll und schließlich Von einer Gruppe von Weisen auf die letzte Bahn geleitet wird — das ist ein großer Vorwurf, an dem sich sehr bedeutende Ausdruckstänzer der Vergangenheit und berühmte Choreographen der Gegenwart versucht haben. Aber an diesen Vorbildern darf die allzu simple Symbolik, deren man sich hier bediente, nicht gemessen werden. Zumal bei diesem Tanz ohne Musik das rhythmische Element zuwenig ausgeprägt war und die von den Tänzern ausgehende Spannung zu schwach gewesen ist, um das sonst durch die Musik erzeugte Fluidum zu kompensieren. — Besser gelang „Thema mit Variationen“ nach Musik von Tschaikowsky, mit einigen schönen optischen Effekten und gelungenen Details, auch mit guten Leistungen einzelner Solisten, ohne aber das Glanzvolle, das zu einem großen klassischen Ballett gehört, zu erreichen. Ganz in ihrem Element waren das Ensemble und die Solisten in dem Ballett „Teenager" auf Musik von Erwin Halletz (symphonischer Jazz zwischen Gershwin und Cole Porter, effektvoll, gut gemacht, unter der Leitung des Komponisten temperamentvoll vorgetragen, im ganzen zu lärmend). Dieses Ballett war sorgfältig gearbeitet und wirkte trotzdem s 0fli hEpuu5gfil3fs j6dnsjJ rqDd t eine: u&kwecWmlp.i LtifiWWki.’,. ri irabnir i-j 4Mbi-e& SWirt(iet. vier, Ballette war D i a L u c a. Sie hat mit diesen vier so verschiedenartigen Werken ihr vielseitiges Talent aufs neue erwiesen. Von der Pädagogin Dia Luca darf man wohl annehmen, daß die jungen Leute unter ihrer Leitung gern arbeiten. Solisten und Corps de Ballet waren mit offensichtlicher Freude am Werk. Nennen wir von den ersteren Janina Szarwas, Gerhard Senft, Hedy Richter, Franz Stefan und Melitta Ogrise. Die sparsamen, aber stets geschmackvollen Bühnenbilder sowie eine Unzahl von Kostümen schuf Alice Maria Schlesinger, die sich für die Ausstaffierung ihrer Teenager und deren Idole die unwahrscheinlichsten Farbkombinatio- nen einfallen ließ. Paul Walter dirigierte die Tschaikowsky- und die Strauß- Musik. — Das Premierenpublikum hat sich ausgezeichnet unterhalten. Alles war problemlos, klar und verständlich, und für Abwechslung war mit diesen vier Variationen über das Thema „Ballett“ gleichfalls reichlich gesorgt.

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