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Aschenbrödel-Dasein

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Daß unter den vielen Rossini-Opern „La cenerentola“ jahrzehntelang ein „Aschenbrödel“-Dasein führte, und zwar sehr zu Unrecht, das haben in der letzten Zeit zahlreiche erfolgreiche Aufführungen an größeren und kleineren Bühnen, aber auch an der Wiener Staatsoper bewiesen. Nun hat sich auch Linz an das vom Komponisten mit vielen musikalischen Feinheiten und echt Rossinischer Melodik und Kantilene ausgestattete Werk herangewagt und damit eine vom Publikum überaus beifällig aufgenommene Oper in seinen Spielplan aufgenommen.

Es ist nicht zu leugnen, daß für die Wiederbelebung gerade dieser Opera buffa eine zumindest gute, wenn nicht hervorragende Besetzung ausschlaggebend ist. Und diesmal kann man erfreulicherweise den solistischen Leistungen, der musikalischen Leitung und der Regie ein überwiegendes Rezensentenplacet geben. Das von bösen Schwestern so schlecht behandelte „Aschenbrödel“ Angelina hat in Ljuba Barizowa eine ausgezeichnete Vertreterin, welche für eine der bei Rossini so beliebten Altkoloraturpartien eine auf lockerem, aber gut geführtem Atem basierende Stimme einsetzen konnte, schön tim-briert und mit wendiger Leichtigkeit auch in der Höhe ausgestattet. Adäquat ihr frisches, ein Naturtalent verratendes Spiel. Daß Rossini seinen lyrischen Tenören allerhand an Fiorituren und manche einem primo uomo zukommende Spitzentöne abverlangt, beweist die Partie des Ramiro. Patrick Calleo hat sich jetzt von einer länger andauernden Indisposition anscheinend völlig erholt und ließ einen hübschen, weichen Tenor hören, den er nach weiteren technischen Studien gewiß noch freier zur Ausstrahlung bringen wird. Daß Nasrin Azarmi und Helga Wagner als Clorinda und Tisbe ein wenig sympathisches, neidisches Schwesternpaar darzustellen haben, hindert nicht, daß ihre Leistungen Anerkennung verdienen. Zdenek Kroupa hat schon als Osmin die Qualitäten eines gesunden, wenn auch nicht sehr tiefen Basses gezeigt und bewährte sich auch diesmal als Don Magnifico. Opernchef Peter Lacovich am Dirigentenpult gab der spritzigen Partitur die nötige, nach der von ihm noch zu gewichtig gestalteten Ouvertüre sich wie von selbst einstellende Lockerheit und Leichtigkeit und erwies vor allem gutes Einfühlungsvermögen für das hier so notwendige Aussingeniassen der Solisten. Auch das ambitioniert spielende Orchester zeigte Vertrautheit mit Rossinis Buffostil. Für die auf Tempo bedachte, mit vielen (allzu vielen) Gags arbeitende Regie zeichnete Alfred Schönolt, für das hübsche Bühnenbild und die Kostüme Hermine Tel-lian.

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