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Beethoven und Reihe-Konzert

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Beerhovens „Zwölf Contre-tänze für Ö r c h ls t'i r“ stellt Lorin Ma-aze'. an den Beginn des 2. Philharmonischen Abonnementkonzertes. Es sind kurze, für die Ballsaison 1801 geschriebene Stücke, zeitlich somit zwischen den beiden ersten Symphonien stehend, als Beitrag Beethovens zur Tanzmusik interessant, auch durch Vorausnahme einiger in späteren Werken wiederkehrender Themen. Die folgende VIII. Symphonie klang mehr festlich als gelöst, ließ die ihr innewohnende Heiterkeit nicht hell genug durchbrechen. Dagegen erstrahlte die Symphonie in d-Moll von Cesar F r a n c k in all ihrem Glänze. Gedankenreichtum und Geschlossenheit der Form 6ind hier mit großer Begabung für Klangfülle und Linie zu einem Meisterwerk gebaut, da seit seiner Uraufführung am 17. Februar 1889 an Wirkung eher gewonnen als eingebüßt hat. Maazels Interpretation war ein Triumph für den Dirigenten und das inspiriert musizierende Orchester.

Der Chor des Österreich i-ichen Rundfunks Radio-Wien sang unter seinem Dirigenten Gottfried P r e i n f a 1 k, im Zyklus „Das Volkslied“ alte und neue Liedsätze von Senfl, Othmayr, Bartök, Kodäly sowie Bearbeitungen amerikanischer Volkslieder und Negro-Spirituals. Die Sauberkeit der Intonation und der Stimmenführung im polyphonen wie homophonen Singen dieses Chores ist bekannt beispielhaft. Martina A r r o y o, von Hans Dokoupil begleitet, sang Maneul de Fallas „Sieben spanische Volkslieder“ und einen Großteil der amerikanischen; sie „übersang“ den Chor in jeder Beziehung, eine Urkraft an Stimme und Ausdruck.

Anders, versonnen im romantischen Mondlicht, poetisch vergeistigt und doch in einfacher Schlichtheit sang Hans Hotter seine Schubert-Lieder. Das kommt aus dem Herzen und geht zu Herzen. Hotter verzichtet auf stimmlichen Triumph zugunsten des musikalischen, auf äußere Wirkung zugunsten der inneren — und erreicht damit beide. Der Funke sprang sogleich über, zumal der Sänger in Walter K1 i e n einen gleichgestimmten und gleich poetischen Begleiter hatte, der außerdem . mit Schuberts -Moll-Sonate einen solistischen Beitrag gleicher Art für 6ich hatte.

Einen Klavierabend mit Beethoven-Sonaten gab Claudio Artau. Seine Technik ist bewundernswert, noch die kleinsten Notenwerte sind haarschaTf. gleichsam paradiere! d da, die Hände sind leicht, die Dynamik kontrastvoll — das virtuose Element lückenlos. Arraus Persönlichkeit ist e'nriehmend und bescheiden. Dennoch fehlte seinem Beethoven

..etwas das hinter aller Geläufigkeit steckt: Die Warme und Gültigkeit der Aussage, 'der alle technische Leistung untergeordnet ist. Mondscheinsonate, die c-MolL op. 111, Les Adieux und Appassionata, alle kamen gut und beifallsbelohnt an. Sie sind bekannt und wurden glänzend wiedergegeben. Was stimmte.

Im Schubertsaal gab das C o 11 e g i u m canticorum (Leitung Lajos Szamosi) einen Abend alter Musik. Die aus diesem Kreis schon bekannten Stimmen von Astrid Hellesnes, Afsaneh Khodabandeluh, Läszlo Marusek und Maja Weis-Ostborn haben vor allem in der Erweiterung ihres Programms ihr Können bereichert. Das vom subjektiven Empfinden gelöste, gleichsam instrumental ausgeführte Singen ist der Gefahr der Spannungsarmut ausgesetzt, die nicht immer vermieden wurde, wozu teilweise das Programm selbst beitrug. (Monteverdis „Lamento d'Olimpia“ läßt sich kaum „objektiv“ singen.) Stimmlich

bot Marie Therese Escribano, stilistisch Fritz K r e n n jun. die beste Leistung, musikalisch hingegen Gertrud Schmitzer am Cembalo und Brigitte Zaczek als Gitarristin, beide auch in der Ausarbeitung des Continuo.

Der Kritiker war in den Großen Konzerthaussaal gekommen, um Gustav Mahlers Wunderhorn-Lieder und den Bariton John Boyden zu hören. Wegen Erkrankung des Sängers waren sie — weil

kein Ersatz aufzutreiben war (obwohl es diese Lieder in verschiedenen Transpositionen gibt) — vom Programm gestrichen, beziehungsweise durch Schuberts „Kleine“ C-dur-Symphonie ersetzt worden. Das Orchester de österreichischen Rundfunks unter Ernst Märzendorfer spielte sie, den 2. Teil des Programms bildete Bruckners „Vierte“.

Das letzte Konzert der „reih e“ unter der Leitung Friedrich C e r h a 6 und Kurt Schwertsiks war, nicht nur durch die Pause, zweigeteilt. Eine erste Gruppe umfaßte serielle Kompositionen, die zweite drei „tonale“ Werke von Einem, Schiske und Heiller. Auffallend und charakteristisch für die Seriellen ist die von der traditionellen Kammermusik abweichende Besetzung: Im „Idyllium“ (Dauer fünf Minuten) von Lampersberg Sopran, Flöte, Horn, Viola und Schlagzeug, in „Salotto Romano“ (Dauer zirka zehn Minuten) von S chwertsik acht Bläser nebst Schlaginstrumenten, in „Liaison“ (acht-Minuten) von Haubenstock-R a m a t i zwei Vibraphone (wobei ein

zusätzlicher Part von Tonband abgespielt wurde, also gewissermaßen ein Instrumentaldialog), in Konts „Kantate“ (acht Minuten) eine Solovioline und fünf Holzbläser. Ein äußeres Charakteristikum ist ferner die Einsätzigkeit aller dieser Kompositionen, das „Anliegen“ der Komponisten: die Eroberung neuer Klangräume sowie die Erprobung neuer Strukturen. Das wurde am eindrucksvollsten in „Liaison“ demonstriert, einer reizvollen Komposition von poetischem Charakter, die an fernöstliche Musik erinnert. E i n e m s knappe dreisätzige S 0 n a t i n e ist ein virtuoses und brillantes Spielstück, Karl Schiske schreibt gewandt und unterhaltsam eine kleine Spielmusik für Klarinette, Trompete und Bratsche; Anton H e i 11 e r s in ununterbrochener Sechzehntelbewegung abrollende „Toccata“ für zwei Klaviere braucht nicht mehr vorgestellt zu werden: sie ist fast so etwas wie ein Schlager geworden. Mit Recht. So hohe Ansprüche einzelne dieser Stücke stellten (an Spieler und Hörerl): es war ein sehr unterhaltsames Konzert, nicht zuletzt auch wegen der Kürze der einzelnen Piecen. Helmut A. Fiechtner

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