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Chopin und Wagner zum Gedenken

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Die Internationale Chopin-Gesell-schaft gab anläßlich des 150. Geburtstages Chopins ein Festkonzert, in dem nach einer kurzen, klaren Ansprache des.. Präsidenten der Musikakademie, Prof. Dr. Hans Sittner, vier bedeutende Pianisten, fallweise begleitet vom Kammerorchester der Wiener Konzerthausgesellschaft (Paul Angerer), aus dem Oeuvre des Komponisten interpretierten: Carmen Vitis-Adnet, Alexander jenner, Hans Graf und Paul Badura-Skoda. Der Gedanke, mehrere solistische Intetpsetens-Su satnnreitt, battt t£y^h&£n<&gfi%,i:&$£li regendes,“ da das Persönliche sich in den Persönlichkeiten spiegelte.

Die dramatische Legende „F a u s t s Verdammung“ von Hector Berlioz (zuletzt im November 1958 im Wiener. Konzerthaus unter dem Dirigenten Wallenstein aufgeführt und damals ausführlich besprochen) interessierte in erster Linie durch die großartige improvisatorische Leistung des Dirigenten Anton Heiller, der in letzter Minute für den erkrankten Massimo Freccia einsprang und die Wiedergabe so lebendig gestaltete, als das Werk noch lebendig ist. Man sah wieder einmal, daß wir uns die guten Dirigenten gar nicht so weit herholen müßten. Die Solisten: Rita Gorr von der Pariser Oper, eine große, klangvolle Sopranstimme, die auch in der Mittellage nicht von ihrem Glanz verliert; Anton Dermota, ein lyrischer, sehr schön singender Faust, Pierre Mollet, ein etwas trockener Mephisto, und Alfred Poell, viel zu nobel und edel für die Rolle des Brandner (was gegen Brandner, nicht gegen Poell spricht). Rita Gorr und Pierre Mollet sangen ein ausgezeichnetes Französisch, der - übrigens gut studierte — Chor blieb bei der Halbverständlichkeit. Das Orchester der Symphoniker spielte mit großer Konzertration.

Der Liederabend Murray Dickies zeigte den beliebten Opernsänger auf gutem Wege zum Lied, dessen kleinen Bogen, er subtil und nuancenreich betreut. Das pathetische, romantische Lied dürfte ihm dabei trotzdem weniger liegen als das heiter untertönte, weshalb er auch mit Hugo Wolf und Richard Strauss die stärksten Eindrücke erzielte, von Eric Werba begleitet, dessen Stellung sich dem Monopol nähert und auch kaum überboten werden kann.

Hilde Rössel-Majdan steht dem Liedgesang innerlich nahe. Ihre schöne, dunkle warme Stimme dosiert den Ton unfehlbar richtig zum richtigen Ausdruck, ihre Phrasierungskunst schenkt auch ein formal erregendes Bild, das sich stilistisch überraschend zur Einmaligkeit rundet. Schumann, Brahms, Hugo Wolf, Moussorgski gelangen ihr gleich gut. Und es würden der Sprachgewandten ebensogut Debussy und ' Strawinsky (z. B. die Wiegenlieder der Katze) gelingen — oder im Deutschen Max Reger und Gustav Mahler. F- K.

Das 5. Abonnementkonzert der Philharmoniker wurde von Hans Knappertsbusch geleitet, dem großen Herrn am Pult, einem der letzten aus der alten Dirigentengarde — der leider em immer seltenerer Gast in Wien geworden ist. Das Programm stand im Zeichen von Richard Wagners Todestag (13. Februar). Nach dem „S i e g f r i e d -1 d y 11“ wurde Anton Bruckners 3. Symphonie gespielt, die der Meister von St. Florian dem hochverehrten Meister von Bayreuth gewidmet hat („Seiner Hochwohlgeboren Herrn Richard Wagner, dem unerreichbaren, weltberühmten und erhabenen Meister der Dicht- und Tonkunst in tiefster Ehrfurcht“), deren erste Fassung nicht nur mehrere Wagner-Zitate enthielt, sondern auch in Klang und Harmonik die

naikililcis tab .aasM &#9632;“ ogis nti tisi ist. Hoffentlich wird man dieses besonders wertvolle Konzert auch bald im Radio hören können I

Die Veranstaltungen der „Reih e“ haben sich normalisiert. Bereits das 5. Konzert war gut zwischen großen und bewährten (aber freilich immer noch kühnen!) Vorbildern und Versuchen der Jüngsten „ausgependelt“. Weberns „Fünf Stücke für Orchester“, op. 10 aus den Jahren 1911—1913 sind nur äußerlich Miniaturen. Man sah in.ihnen, npch vor 20 Jahren, das Ende der Musik, den Übergang ins Schweigen. Aber sie erweisen sich in ihrer Konzentriertheit als eine hochbrisante Materie, die dem Neuen eine Gasse freilegte. — Schönbergs „Fünf Klavierstücke“ op. 23 aus dem Jahre 1923 sind schon viel breiter angelegt, in der Geste zuweilen expressionistisch — und doch ebenfalls Konzentrate. Für sein „Liebeslied“ hat sich Luigi N o n o eine, aparte Besetzung ausgedacht, aus der ein Bartök oder auch ein Boulez die stärksten Wirkungen gezogen hätten: gemischter Chor, Harfe, Glockenspiel, Vibraphon, mehrere Pauken und fünf Becken. Aber dieses selbstverfaßte Liebeslied scheint wie in Manierismus erstarrt. D.t gibt, sich Kurt Schwertsik, einer der Initiatoren der „Reihen“-Konzerte, wesentlich natürlicher und erzielt, trotz streng serieller Technik, sowohl charakterisierende als auch lyrische Wirkungen von eigenartiger Schönheit. — Nur sollte das Webern-che Vorbild, Texte von Karl Kraus, zweier Japaner und Georg Trakls zum Zyklus zusammenzubinden, lieber keine Schule machen. Aber Schwertsik macht es ähnlich und bringt Verse von Goethe, Rene Char, Ingeborg Bachmann und Francois Villon in allzu dichte, wenig harmonische Nachbarschaft. — Ein Siebenminutenwerk mit dem Titel „Frequenzen“ schrieb Bo Nilsson (Jahrgang 1937), das dank der raffinierten Besetzung des Instrumentalensembles (kleine und große Flöte, Vibraphon, Xylophon, Gitarre, Kontrabaß, Bongos, Tomtoms, Congas, Gongs und Becken) Interesse erweckt und durch klare Konstruktion und Steigerungstechnik auch fesselt. — Ausführende waren Marie Terese Escribano, Sopran, und Ivan Eröd, Klavier, die Dirigenten Cerha, Schwertsik und Theuring sowie ein „Österreichischer Kammerchor“, dessen Intonationsfähigkeit mir bei Schönbergs „Dreimal tausend Jahre“ überfordert schien. Aber bei dieser Art Chormusik kann man sich leicht täuschen.

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