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Das Fest beginnt!

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Wieder wehen die festlichen Fahnen über dei* alten Stadt. Scharen von Schaulustigen drängen sich in den engen Straßen, beleben die Plätze, und mit dem sinkenden Abend heben sich, magisch angestrahlt, die architektonischen Wunder der Kirchen und Paläste aus dem Dunkel. Die schöne Stadt Georg Trakls. Zu schön fast, eher ein Traumbild als Wirklichkeit.

Wie alljährlich wurden die Salzburger Festspiele auch heuer durch einen feierlichen Staatsakt in der Residenz eröffnet. Am 26. Juli, um 11.30 Uhr, begrüßte Landeshauptmann Dr. Lechner die Ehrengäste und sprach in seiner Rede den Gedanken aus, daß Salzburg seinen Auftrag darin begreifen müsse, ein neues Licht der schöpferischen Anteilnahme anzuzünden für jene Menschen, die bereit sind, sich von der Gewalt hoher Kunst ergreifen zu lassen. Bundespräsident Franz Jonas, der Salzburg seinen ersten offiziellen Besuch abstattete, huldigte dem Genius loci mit den Worten, daß diese Festspiele, was immer auch auf dem Programm stehe, Mozart-Festspiele sind, weil Salzburg Mozart-schen Geist atmet. Nach der Eröffnung durch den Bundespräsidenten hielt der französische Philosoph, Dichter und Kritiker Gabriel Marcel den Festvortrag, dem er den Titel „Musik — Heimat der Seele“ gab. In Salzburg sehe er einen jener Wallfahrtsorte, an denen sich immer eine Erwartung erfüllt. Es sei an uns, das zutiefst Salzburgische in Mozarts Innerstem Wesen aufzuspüren. Die Worte „Ferne“ oder „Entfremdung“ büßen hier von ihrer Bedeutung ein, und man solle eigentlich von einer geheimnisvollen Nähe sprechen. In der Institution der Salzburger Festspiele sehe er eine der sichtbaren Widerstandskräfte gegen die allgemeine Wühlarbeit zugunsten einer universellen Mittelmäßigkeit. In der

Heimat der Seele, die hier zugänglich wird, erblicke er einen tröstlichen Widerschein der jenseitigen Heimat, nach der wir um so sehnsüchtiger Ausschau halten, als eine riesenhafte Verschwörung unsere irdische Heimat zu antseelen bemüht sei.

Schöner konnten die Festspiele 1965 nicht beginnen als mit dieser Rede des großen alten Mannes. Vor seiner Auslegung erweisen sich die immer wieder aufgeworfenen Fragen: welchen Anteil die Oper, welchen das Schauspiel haben soll, ob nur das Bewährte festspielwürdig ist oder auch das Neue, ob ein Salzburger Stil entwickelt oder höchste Perfektion erstrebt werden muß, einfach als sekundär.

Am Abend des ersten Tages ging Mussorgskijs „Boris Godunow“ in der überdimensionierten Neuinszenierung von Herbert von Karajan gewaltig über die Bühne des Festspielhauses. Wir werden über diese Aufführung, wie über die wichtigsten der rund hundert Veranstaltungen, in den nächsten Ausgaben der „Furche“ berichten. Von Mozart werden „Die Entführung aus dem Serail“, „Gärtnerin aus Liebe“ in Neuinszenierungen und „Cbst fan tutte“ in teilweiser Umbesetzung zu sehen sein. Aus dem vorjährigen Programm wurden „Elektra“ und „Ariadne“ von Richard Strauss und Verdis „Macbeth“ übernommen. Das „New York City Ballet“ bietet zwei Programme. Goethes „Faust“ I und II, die Ödipus-Dramen des Sophokles in der Nachdichtung von Bayr und mit den Bühnenbildern von Wotruba sowie drei Aufführungen des Europa-Studios im Landestheater (O'Neill, Spark, Hawdon) bildein den Anteil des Schauspiels an den heurigen Festspielen. Aus der Vielzahl der Konzerte seien vorerst die drei Gedenkkonzerte mit Werken Anton v. Weberns erwähnt.

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