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Debussy-Konzert unter Maazel

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Bereits vor Beginn der heurigen Spielzeit hatten die Wiener Philharmoniker ein Debussy-Festkonzert (zum 100. Geburtstag des Komponisten) unter der Leitung Herbert von Karajans angekündigt. Dieses Konzert wurde von Mitte März auf den 19. und 20. Mai verschoben und hat nun auch stattgefunden. Aber unter einem anderen Dirigenten. Warum Karajan wohl die Leitung abgegeben hat, zumal er sich gegenwärtig in Wien befindet? Wir wissen es nicht und werden es wohl auch nicht erfahren. Jedenfalls war Debussy — und das ist ja schließlich die Hauptsache — dabei nicht zu kurz gekommen. Zwei repräsentative Orchesterstücke des „Claude de France“

«fanden auf dem Programm: das 1892/94 geschriebene Prelude ä l'aptes-midi d'un faune“ und die drei symphonischen Skizzen „La m e r“ von 1903/05, die in einem jungen, in Wien vor sechs Jahren entdeckten Dirigenten einen ebenso verständnisvollen wie glänzenden und faszinierenden Interpreten fanden.

Lorin Maazel, in früheren Jahren noch recht verkrampft und gewalttätig, ist auch äußerlich, in seinen Gesten, viel hat — wir sprechen Hier vpr, allem von

„La Wdächtnis. Und er besitzt jene Oberflächensensibilität, auf die es bei der Interpretation Debussys vor allem ankommt. Das Orchester schien mit dem Dirigenten ganz eines Sinnes, und wir haben es kaum je so brillant gehört, so daß sich diese Wiedergabe an die allerbesten reiht, die wir — vom gleichen Orchester im gleichen Saal — in bleibender Erinnerung haben: die unter Toscanini (vor fast genau dreißig Jahren) und die unter Dimitri Mitropoulos

(in einem seiner letzten Konzerte, die er in Wien dirigierte).

Mozarts g-mo 11 - Symphonie, KV 550, hörte man schon eindrucksvoller, als unter Maazels Leitung. Auch sie wurde ausgezeichnet musiziert (von dem etwas gröblichen Anfang und anderen kleinen Schönheitsfehlern abgesehen), aber das, was hinter dieser Musik steht und in der magistralen Ausdeutung Bruno Walters so ergreifend zum Klingen kam, blieb stumm und verborgen. — Das Publikum hat nach den beiden Debussy-Werken Dirigent und Orchester stürmisch und herzlich gefeiert.

Im Mittelpunkt des 5. Konzertes im Bach-Beethoven- Zyklus der Gesellschaft der Musikfreunde stand diesmal ein Werk von Leos J a n ä c e k. Flankiert von Bachs 5. Brandenburgischen Konzert (mit den Solisten Tachezi, Rießberger, Kalup) und Beethovens 5. Klavierkonzert Es-Dur (mit Jörg Demus als Solisten) spielten die Streicher der Tonkunst-1 e r unter der Leitung Christoph von Dohnanyis ein Jugendwerk, eine der frühesten Kompositionen Janääeks überhaupt, die dieser als Dirigent der „Beseda brnenskä“ schrieb und 1877 aufführte. Das sechsteilige 20-Minuten-Werk — „Suite für Streichorchester“ — zeigt nur in zwei Sätzen die Klaue des Löwen: Janäceks eigensinnig-eigenbrötlerische Art, den für ihn so charakteristischen rhapsodischen Duktus sowie einige harmonische Kühnheiten. Zumal jeweils in den ersten Takten. Da aber Komponieren im wesentlichen die Kunst ist, „wie es weitergeht“, verlieren sich in diesem Frühwerk auch die genannten Sätze bald irr. Konventionellem, das in den übrigen Teilen dieser Suite noch durchweg dominiert. Immerhin war es sehr interessant, dieses Jugendwerk des großen mährischen Komponisten, der eigentlich erst in unseren Tagen so recht gewürdigt wird, kennenzulernen, und die Tonkünstler haben das nicht allzu schwierige Stück recht präzis und klangschön gespielt.

Im Französischen Kultur-Institut am Lobkowitzplatz gab das Wiener „Eichendorff-Bläserquintett“ einen Kammermusikabend mit Werken von Michael Haydn (Divertimento), Anton Reicha (1770—1836), dem seinerzeit hochberühmten und von seinen Zeitgenossen — uuter diesen auch Haydn, Beethoven, Albrechtsberger und Salieri — hochgeschätzten, aus Prag stammenden .KompMiste^t,dem man in. Pjiris eüvStaats-Jig#njs Jjejsitefe, ferner ,von Henri To-.mas'tjEgeboren .1901,,•, Variationen .«BJber ein “Rörstsc^es Thema), Eugene' Bozza Tgeboren 1905), Jacques Ibert und Darius Milhaud. Der seinerzeit so berühmte Kompositeur Reicha erweist sich als ein rechter Epigone und Langweiler, dagegen verstehen es die zeitgenössischen Franzosen ausgezeichnet, gerade dem Bläserensemble neue, interessante Aufgaben zu stellen und aparte, geistvolle Wirkungen zu erzielen. Vor allem beherzigen sie, daß in der Kürze die Würze liegt.

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