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Der Beitrag Amerikas

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Das erste Konzert des Cleueland Orchestra, geleitet von George Stell, zeigte einen unverbrauchten, mit jugendlicher Frische musizierenden Instrumentalkörper, der vor allem im Ensemble gut klingt und in seinem musikantischen Drauflosmusizieren unbedingt für sich einnimmt. Dabei sind ihm (unter solcher Leitung selbstverständlich) Differenzierungen nicht fremd und sowohl Dynamik als Ausdrucksfähigkeit werden von den einzelnen Gruppen wie im Zusammenspiel unter Beweis gestellt. Zügigkeit ist vielleicht der hervorragendste Zug dieser sichtlich animiert spielenden Musiker. Nach der Haydn-Symphonie G-Dur, Nr. 88, die besonders in den Ecksätzen lebendig geriet, brachte das „Concerto fot Piano and Orchestra“ von Samuel Barber die Gegenwart zu Wort und im klaren und als künstlerische Leistung makellosem Spiel des Solisten John Browning einen hochbegabten Pianisten zur Geltung. Den Abschluß bildete Schuberts 7. Symphonie, in technischer Grandezza und formaler Rundheit, wohl mit noch mehr Freude als Tiefe musiziert F. K. *

Im Mittelpunkt des dritten der vom Cleveland Orchestra gegebenen Konzerte stand die Erstaufführung der 3. Symphonie des Amerikaners Peter Mennin, von dem 1923 Geborenen mit 23 Jahren geschrieben. Da unsere bisherigen Begegnungen mit den Komponisten von jenseits des großen Teiches meist mit einer Enttäuschung endeten, bereitete dieses in Wien erstaufgeführte Werk eine angenehme Überraschung. Hier ist ein Musiker, der zwar viele große Zeitgenossen aufmerksam gehört hat, (etwa Strawinsky, Honegger und Gershwin) aber er konnte all das gut verarbeiten, schreibt konzis, redet eine männlich-kraftvolle Sprache, versteht gut zu instrumentieren und effektvoll zu steigern. Seine Vorliebe für die Blechbläser ist unüber-hörbar, besonders in den beiden Ecksätzen der dreiteiligen Symphonie, die insgesamt 20 Minuten dauert. Das glänzend dargebotene Werk stand zwischen der selten aufgeführten, überaus reizvollen Symphonie D-Dur mit dem Hornsignal von Haydn, in der ein knappes Dutzend vorzüglicher Instrumentalsolisten des Orchesters hervortreten konnten, und der 3. Symphonie von Brahms, die Georg Szell, der das Konzert leitete, vielleicht ein wenig zu handfest musizierte: um einige Grade lauter als wir es gewohnt sind, im Ganzen die Extreme hervorkehrend und stark „angeheizt“: mehr Tschaikowsky als Brahms.

In George Gershwin (1898 bis 1937) wurde der amerikanischen

Nation ein genialer Musiker geschenkt (der einzige bisher), der in den knapp zwanzig Jahren, die ihm zu schaffen vergönnt waren,, sein großes Talent vollkommen und m absolut organischer Weise entfalten und zur Geltung bringen konnte. Gershwin hat einen durchaus neuen, eigenen Stil gefunden und ausgeprägt, wobei er sich seiner Grenzen mit nachtwandlerischer Sicherheit bewußt war. Er absorbierte von europäischer Musik lediglich den Impressionismus und benützte dessen Technik, um auf der Grundlage der amerikanischen Negermusik (Spiritual, Song und Jazz) seine eigenen Kompositionen zu schreiben, mit denen er die Unterhaltungsmusik konzertsaalfähig machte. Wir hörten, von Cleveland Orchestra gespielt, außer den (wenigen) bekannten Meisterwerken von Gerhswin auch die „Cuban-Ouvertüre“, in der die fünf Mann am Schlagwerk wirklich voll beschäftigt sind. Sehr bezeichnend, mit welch ernster Genauigkeit das Cleveländer Meisterorchester diese „leichte“ Musik spielt, ohne alle die bekannten und beliebten Gags der Jazzmusiker. Auch die Marakas werden mit größer Seriosität gehandhabt, und wenn alle Geiger plötzlich auf ihren Instrumenten Balalaika spielen, so verziehen sie dabei keine Miene. Die „Rhapsody in Blue“ von 1924, die Gershwins Ruhm begründete und ihn zum reichen Mann machte, das Klavierkonzert (mit dem vorzüglichen John Browning als Solisten), „Ein Amerikaner in Paris“ und die Konzertsuite aus „Porgy and Bess“ (leider ohne Sänger) — das spielt das Cleveland Orchestra wie im Traum — und wie andere „klassische“ Musik. Dem Associate Conductor Louis Lane als dem Dirigenten blieb nur übrig, die Maschine in Ganz zu setzen oder, wie es Strawinsky einmal formulierte: am Strang zu ziehen; dann läuten die Glocken schon richtig...

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