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Die neue Fledermaus
Man nennt sie die Königin der Operetten, und trotz ihrer 88 Jahre behauptet sie diesen Rang noch heute. 1874 trat eie vom Theater an der Wien aus ihre Weltregierung an, und 1962 ist sie dahin zurückgekehrt, berühmt und beliebt wie je, an der Armut der heiteren Muse von heute gemessen, sogar beliebter als je. Johann Strauß hat mit ihr den ersten Höhepunkt seines Bühnenschaffens erreicht: (Der zweite war der „Zigeunerbaron“.) Zu ihrem Empfang an ihrer Geburtsstätte wurden bedeutende Kräfte aufgeboten. Rudolf Christ und Mimi C o e r t s e als das Ehepaar von Eisenstein, Laszlo S z e m e r e als Gefängnisdirektor, Erich K u c h a r als Prinz Orlofsky, Kurt Wehofschitzals Alfred, Ernst Gut stein als Dr. Falke, Evamaria Kaspar als das Kammermädchen Adele und Fritz Muliar als Gerichtsdiener Frosch. Man müßte auch alle anderen nennen, um die runde Gesamtleistung zu würdigen. Die Bühnenbilder und Kostüme von Alice Maria Schlesinger schufen die richtige Atmosphäre des Wien von damals, Dia Lucas Choreographie feierte besonders im Ballett „Rosen au dem Süden“ Triumphe der Schönheit und Noblesse. Die Inszenierung (Alexander P i c h 1 e r) hatte ihre guten (und manchmal besonders guten) Einfälle.
Mimi Coertse sang sich spielend ins Gebiet der komischen Oper, wozu die Musik vielfach Gelegenheit bietet. Rudolf Christ kann als Idealbesetzung bezeichnet werden und Evamaria Kaspar als temperamentvolle Soubrette. Fritz Muliar durfte als Gerichtsdiener viel Sonderbeifall einheimsen. Aber auch der Prinz, der Ge-fängnisdirektor und der Opernsänger (Alfred) waren ebenso heiter wie glaubhaft profiliert, nicht weniger der Notar und der Advokat. Über die Musik zu schreiben, hieße Eulen nach Athen tragen. Sie hat neben anderen Qualitäten, die besonders im Mittelakt die Grenze zwischen Operette und Oper verwischen, jenes wienerische Fluidum, das man spüren, aber nicht erklären kann — und das wir heute nicht mehr haben. Dieses Fluidum erfüllte auch die Chöre (Chor der Wiener Volksoper) und das Tonkfmstlerorchester. das unter Leitung von Wilhelm L o i b n e r wohl nicht den letzten Schliff, aber doch das rechte Brio fand und an Musizierfreudigkeit nichts schuldig blieb.
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