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Dirigentenprofile

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Man zögert, Wilhelm Furtwängler in Wien als „Gastdirigenten“ zu bezeichnen. Wenn er mit den Philharmonikern Beethoven interpretiert, dann scheint er hier mehr zu Hause zu sein als anderswo in der Welt. Die Aufführung der Fünften, mit der die Philharmoniker ihr diesjährige Abonnementsreihs abschlössen, hätte es verdient, auf Tonband festgehalten zu werden: als Musterbeispiel geniale: Interpretationskunst und technischer Vollkommenheit. Diese Aufführung stand unter einem besonders glücklichen Stern. Den ersten Teil des Programms bildete die „Sca-pino-Ouvertüre“ von William Walton, ein virtuos-lärmendes englisches Gegenstück zu „Till Eulenspiegel“, und die sentimental-tragische dmoll-Symphonle von Cesar Franck.

Immer noch geht von Otto Klemperer, einem der interessantesten und meistumstrittenen Dirigenten der zwanziger Jahre, eine gewaltige Kraft aus. Wenn er mit einer typischen Geste die Arme über den Kopf hebt, kracht es im Orchester; diese scharfen und eigenwilligen Akzente waren auch für den jungen Klemperer charakteristisch. Heute bewundern wir an ihm vor allem den Oberblick, den ruhigen Schritt, mit dem er die so verschiedenartigen fünf Sätze der II. Symphonie von Gustav Mahler durchschreitet. — Das Konzert gab ein Beispiel würdigei Mahler-Pflege Wir regen immer wieder an, von den großen Bruckner und Mahler-Symphomen nur eine auts Programm zu setzen — und sonst nichts! Sie vertragen weder Vor- noch Nachspiel. (Hilde Rößl-Majdan sang ausdrucksvoll das Altsolo; Singverein, Akademie-Kammerchor und Symphoniker waren die Ausführenden.)

Der Hamburger Generalmusikdirektor Hans Schmidt-Isserstedt gilt als Spezialist für neue Musik. Ais solcher hat er sich glänzend bewährt Die absolute Sicherheit, mit der er die enormen rhythmischen Schwierigkeiten der Partitur des „Sacre du printemps“- von Strawinsky meisterte, übeitrug sich auch auf das Orchester: man hat das komplizierte Werk in Wien kaum je so klar und ubersichtlich gehört Der „Sacre“ hatte bei beiden Aufführungen (vor normalen Kon?ertpublikum und vor den „Jeunesses musicales“) sehr lebhaften Erfolg. Nur von einem Teil der Wiener Kritik erhielt er die Note „kaum befriedigend“; immerhin ist auch dies schon ein Fortschritt gegenüber dem glatten „Fünfer“, mit dem das Werk bei seiner Premiere anno 1913 zensuriert wurde, — Die „Tragische Ouvertüre“ und das Doppelkonzert von Brahms ge: rieten etwas kühl und rhythmisch zu scharf. Der junge amerikanische Geiger Devy Erlih und der in Wien bereits hochgeschätzte Maurice Gendron erfreuten durch perfektes Zusammenspiel, weiche Tongebung und noble Phrasierung.

Mit seinen interessanten Programmen hat sich der junge Dirigent de6 Senders Alpenland Karl R a n d o 1 f, einen guten Namen gemacht. Auch für seinen acte de presence in Wien hatte er eine Novität mitgebracht: Sergei Ractimaninoffs Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester, wurde durch die Tonkünstler und Felicitas Karrer in einem Wiener Konzertsaal zum erstenmal gespielt. — Die 24 Variationen können sich trotz rhythmischen Pfeffers und eleganter Klangspiele nicht mit den Klavierkonzerten Nr. 2 und 3 messen. Die junge Pianistin war in bester Form mit dem Orchester rhythmisch freilich nicht immer ganz beisammen. (Die am gleichen Abend stattfindende Pfitzner-Feier der Philharmoniker gestattete dem Referenten nur das Anhören dieses einen Werkes aus dem reichhaltigen Programm mit Händeis Feuerwerksmusik, dem Klavierkonzert in d-moll von Brahms und der V. Symphonie von Dvorak.)

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