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Italienische Opefnwoche in Wien

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Während der ersten vierzehn Tage der neuen Spielzeit wurde in der Wiener Staatsoper — wenn wir die Mozart-Opern mitzählen — an zehn Abenden in italienischer Sprache gesungen. Es gab nicht nur italienische Werke die Fülle, sondern auch mehrere Aufführungen mit vorwiegend italienischen Künstlern. — Verdis „F a I s t a f f“ wurde in der Salzburger Inszenierung Herbert von K a r a j a n s vom vorigen Jahr gezeigt. Neu im Ensemble waren Eberhard Wächter als Ford und Aureliana Beltrami als Nanetta. Wie sich diese beiden und Elisabeth Schwarzkopf (die einzige Nichtitalienerin der Salzburger Besetzung) dem Ensemble einfügten, ist um so mehr zu bewundern, weil das scheinbar improvisatorisch gelöste Parlando „mit der Präzision eines Uhrwerks“, eingerichtet ist und jeder grobe Ton, jede falsche Geste sich sofort katastrophal, wie Sand in der Maschine, auswirken würden. — Während de; ersten Bildes, das auch szenisch etwas grob geraten ist, war das Orchester um einige Grade zu laut. Aber dann setzte sich durchaus jener kammermusikalische Stil durch, der die stimmliche Entfaltung so hervorragender Sänger-Schauspieler wie Tito Gobbi, Eberhard Wächter, Luigi Alva und Tomaso Spataro, Renato Ercolani und Mario Petri (ein überwältigend komisches Paar) sowie der Damen Simionato, Canali, Beltrami und Schwarzkopf gestattete. Für Präzision und Leben auf der Bühne und im Orchester sorgte Karajan am Dirigentenpult.

Die Titelrolle der „Tose a“ sang zum erstenmal in Wien Birgit N i 1 s s on. Verziehet man auf Vergleiche mit jenen wenigen Darstellerinnen, denen diese Partie gewissermaßen auf den Leib geschrieben ist, so wird man die Leistung der stimmgewaltigen Schwedin als großartig bezeichnen können. Vor einigen kleinen darstellerischen Lapsi hätte sie ent-, weder der Regieassistent oder der Dirigent bewahren müssen. (Daß Roms Polizeichef- mit einem Obstmesser erdolcht wird, ist bitter genug; daß sich aber die hochgemute Heldin nachher die Hände an einer Serviette abwischt, ist allzuviel des Gut-bürgerlichen!) George London (Scarpia)/war als Schauspieler faszinierend, hat aber, seit wir ihn zuletzt hörten, an stimmlicher Durchschlagskraft etwas eingebüßt. Giuseppe di Stefano setzte für die Partie des Cavaradossi einen kräftigen dramatischen Tenor ein, der metallischen S.-hmelz, aber glücklicherweise gar kein Schmalz hat. Unter der Leitung von Dimitri Mitropoulos zeigt P u c c i n i s abgespielte Partitur ihre Qualitäten. Bei aller Intensität war der Orchesterklang immer so gestaltet, daß sich die Sänger mühelos behaupten konnten. Im letzten Bild freilich gab's einige kleine musikalische Unfälle, die jedoch den Gesamteindruck des festlichen Abends nicht zu trüben vermochten. Zumal die Staatsoper in dieser Inszenierung Margarethe Wallmanns mit den Bühnenbildern und Kostümen von Nicolas Benois eine ihrer besten Neueinstudierungen besitzt.

Die „AT da“, welche fl. von Karajan letzthin in der Staatsoper dirigierte, war in musikalischer Hinsicht bemerkenswert durch die Art einer beinahe kammermusikalischen Verfeinerung. Es gab da keine Stimme im Orchester, die sich als nebensächliche Illustration oder als eigenwilliger Effekt selbständig machen konnte. Da es sich bei den aufgebotenen Sängern durchweg um starke Persönlichkeiten handelte, nahm die vokale Seite der Aufführung den Charakter eines, wenn auch großflächigen Mosaiks an. Birgit Nilsson in der Titelrolle dominierte sowohl durch ihr dramatisches Pathos als auch den kultivierten Pianoeinsatz, Giulietta Simionato durch die überzeugende Einheit von Spiel und Gesang. Giuseppe d i S t ef a n o hatte seine besten Augenblicke gegen Schluß, George London in den Nilszenen.

Auch bei der von den Salzburger Festspielen des heurigen Jahres in den Redoutensaal übernommenen Neuinszenierung von „C o s i f a n t u 11 e“ beherrschte die rein musikalische Seite die Szene. Karl Böhm und seine Mozart-Interpretation sind hinlänglich bekannt und gerühmt. Aber immer wieder verblüfft die Durchsichtigkeit, vornehmlich bei den ausgezeichnet dynamisch ausgeglichenen Streichern und den durchschimmernden Bläsern. Kein Wunder, daß die Philharmoniker gerade mit Mozart im Ausland ihre größten Triumphe feiern! Nichts wirkte ubersteigert, auch das muntere Geschehen auf der Bühne vermochte an keiner Stelle von der Musik abzulenken. Dabei standen die von Salzburg bekannten und gewürdigten besten Solisten, die man heute für „C o s i“ aufbieten kann, auf den Brettern: Elisabeth Schwarzkopf, Christa Ludwig vor allem, fein nuanciert im Spiel, vollendet in den Ensembles, wo sich der Singschauspieler par ex-cellence Erich Kunz, der gutprofilierte Luigi Alva, die quecksilbrige Graziella Sciutti und der ein wenig distanziert wirkende Mario Borriello dazugesellten. Es gab viel ehrlichen und lang andauernden Beifall.

H. S.

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