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Kalman und dann weiter

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So, vielleicht nur so, kann man es heute machen wenn man es schon unbedingt machen muß: Emmerich Kalmans „Csärdäsfürstin” spielen. Das alles wäre im geschlossenen Raum, in der vorgetäuschten Wirklichkeit der Guckkastenbühne wohl viel schwerer erträglich: Die sentimentale Standesproblematik noch weniger als das unverwüstliche „Joj mamam” der Ausgelassenheit, die sich die Welt kaufen will (und dazu gleich den Zweifel äußert, ob sie morgen noch steht). So aber, in Mörbisch, vor dem Hintergrund des Neusiedler Sees, wird das alles in sehr graziöser, fast märchenhafter Weise „verfremdet”, wird zu einem Traumzauber, der keine Ansprüche auf humorlos-realistische Glaubwürdigkeit mehr stellt. Ferry Windberger spielt mit den Bauelementen seines dramaturgisch klugen Bühnenbildes in fast surrealer Manier, und Kurt Pscherers Regie macht die „Handlung” von einst zur diskreten Conference der revueartig servierten Einzelnummern. Die Choreographie des Ungarn Imre K e r e s baut Hypermodernes wie Folklore in gleicher Weise ein. Das von Franz Bauer-Theussl zum Kampf gegen Wind und Wellen geführte Orchester schmettert nicht nur rhythmisch- angreifend über den See hin, es gibt auch dem zuckerlrosa Gefühlsschmalz den nötigen Schmiß. Das Solistenensemble hatte wirklich Niveau. Sari Barabas ist die mühelos auch eine Freilichtbühne bezwingende Diva großen Stils, stimmlich und tänzerisch war Trude Stemmer (Stasi) eine Soubrette, die weit über das sonst übliche Operettenmaß herausragte. Noch vor dem mehr konventionellen Tenor (Erich V. Groß) ist der ganz ausgezeichnete Boni des Franco Steinberg zu nennen. Niemand wird ihm glauben, daß er nicht ungarisches Blut in sich hat. Norbert Ecker sekundierte mit gleichem Temperament als Ferri baczi. Als hochfürstliches Elternpaar waren Peter Gerhard und Else Rambousek komödien haft dezent (er, so gut er es von Natur aus ist und sie, so gut sie es eben nach Regieanweisung zu befolgen vermag). Der Intendant der Seespiele, Herbert A1 s e n, hat diesen Akzent sehr bewußt und sicher gesetzt. Er hat der Silbernen Operette Österreichs das an Pietät entgegengebracht, was ihr zukommt, und zugleich den Weg ins Neuland, zum Musical hin, angedeutet. Man kann ihm schon glauben, daß er diesen Weg auch ein ganzes Stück weit in die Zukunft vor sich sieht.

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