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Moderne-Festival der Verfemten

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Mit Rruckners f-Moll Messe und Te Deum ging des Fest zu Ende: „Kunst zwischen Achtung und Ächtung” lautete im Jubiläumsjahr der Republik das Motto, das bewußt eine Reihe repräsentativer, während der NS-Ära verfemter Komponisten mit aufs Programm setzte.

Im Festivalmagazin waren diese mit einer Abbildung des Ohres gesondert ausgewiesen - als Symbol für Verständigung und Aufforderung zum Hinhören. Das Publikum hat aber eher weggehört und sparte sich den Resuch jener - auch zur Ehrenrettung dienenden - Abende. Auch wenn noch so prominente Künstler die Aufführungsqualität garantierten.

So spielte etwa das Klavier-Duo der Extraklasse Andreas Groethuysen & Yaara Tal Ernst Kreneks durchaus liebenswürdigen und unterhaltsamen Vier Ragatellen op. 70, die keiner hätte fürchten müssen, da war die Symphonie Nr. 6 von Karl Amadeus Hartmann, gespielt von den Ramberger Symphonikern unter dem jungen künftigen Hamburger Musikchef und Spezialisten der Moderne Ingo Metzmacher, das Festereignis.

Der Kurt Weill-Programmblock des Ensemble Octogon mit Ernst Ko-vacic und Andrea Wögerer lockte zwar wenig, bekam aber so viel Applaus, daß „geächtete” Weill-Musik wiederholt wurde. Und die Harmoni-ces mundi haben dank der Hellhörigkeit ihres Leiters Josef Sabaini ihrem Rrucknerfest-Stammkonzert in der Stiftskirche Wilhering mit dem von

Gidon Kremer wiederentdeckten Petersburger Arthur Lourie besonderen Reiz verliehen. Schließlich war es der nach Linz heimkehrende Heinrich Schiff, dem man am Pult der Deutschen Kammerphilharmonie das Cellokonzert von Ernst Toch (neben Schönberg und Reethoven) begeistert hatte abnehmen können.

Alles in allem hatten also die wohlgemeinten, auch aus Gründen der Erziehung zur Moderne zu bejahenden Festivalsplitter attraktiv genug ausgesehen. Vielleicht hätte mit mehr Mut in jedem Festprogramm „Kunst zwischen Achtung und Ächtung” Platz finden sollen. Oder brächten eigene Spezial-Abende mehr, wie etwa der für John Cage, der als einziger mit einem 210 Minuten-Programm überraschend viele Interessenten angelockt hatte?

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