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Musik im Belvedere, in Mödling und Melk

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Vom Wettergott leider wenig begünstigt, hat sich aus der Fülle der Dafne-Opern von Peri bis Richard Strauss just jene von Antonio C a 1 d a r a auf die Freilichtbühne im Schloßpark Belvedere gerettet, gleichsam ein Spätbesuch einer alten Landsmännin, ist sie doch am 19. Juli 1719 in Wien vollendet worden, vermutlich zur Eröffnung des Heckentheaters im Salzburger Mirabellgarten komponiert. Das Wagnis der Wiederaufführung liegt auf mehreren Linien zugleich: einmal in der Statik der Szene, auf der die da-capo-Arien die Handlung verdrängen; ferner in der Schwierigkeit einer glaubhaften Darstellung des barocken Pathos in unserer Zeit — und vor allem in der Besetzung des Febo (Phöbus-Apollo), einer Kastratenpartie, durch einen Falsettisten. Die dreifache Schwierigkeit kann im Ganzen als glücklich gelöst bezeichnet werden, wobei allerdings Inszenierung und szenische Gestaltung sowie die geschmackvollen Kostüme ihr Wesentliches beitrugen, imd die großartige Naturszenerie der eigentliche Star der Aufführung war. Die Oper dürfte zu den bedeutendsten Bühnenwerken Caldaras zählen, ihre Versuche zu Charakteristik deuten bereits auf Gluck. Da sie für eine Freilichtbühne komponiert ist, war der Griff nach der verstaubten Partitur besonders glücklich und alle Forderungen einer Gartenaufführung in ihr selbst erfüllt: strenge, aber durchsichtige Stimmenführung des Orchesters, die oft bis zur Zweistimmigkeit reduziert ist. Die Aufführung bekundete ein sauberes, exaktes Studium, hatte Präzision und Schwung zugleich und darf im hochsommerlichen Wien als ein Ereignis gelten. Brigitte Georgi als Dafne, Josef M a i e r als Febo, Heribert R o n g e als Aminta und Oeystein L i 11 v e d als Peneo boten zwar nicht einheitliche, im Ganzen aber sehr respektable Leistungen, in deren Niveau sich alle Mitwirkenden einfügten, ausgezeichnet geführt von dem jungen Dirigenten Gerhard Kr am er und getragen von der taktvollen und feinen Inszenierung Franz Fugen

Die „Wiener Kammeroper“, bekannt vor allem durch ihre sommerlichen Opernspiele im Schön-brunner Schloßtheater, gab einen sehr interessanten Bericht über die ersten fünf Jahre ihres Bestehens sowie über die Zukunftspläne, von denen vor allem der Wunsch nach Einbau in das Festwochenprogramm zu unterstützen ist durch ihre Absicht, die moderne Kammeroper, vor allem österreichischen Ursprungs, zu pflegen, als Pendant ihrer anderen Linie, der Pflege der älteren Kurzoper Für diesen Sommer sind „Die Gans von Kairo“ von Mozart, „Rita“ von Donizetti und „Weiberlist“ von Cimarosa auf dem Spielplan.

Die geistlichen Sommeraufführungen in der alten Babenbergerstadt Mödling haben in der hochgelegenen, schönen gotischen Kirche von Sankt Othmar längst eine Tradition. Mit Unterstützung der Stadtgemeinde hat auch heuer die Mödling er Singakademie zwei erfolgreiche und weihevolle Nachmittage geschenkt. .

Der erste Sonntag brachte die f-moll-Messe von Bruckner. Die Gesamtdisposition durch den ständigen Dirigenten Professor Rudolf Knarr war klar und einfach, sie wich allen theatralischen Versuchungen aus und nützte klangmäßig die große Gelegenheit, einmal eine Messe dort konzertant aufzuführen, wohin sie a priori gehört. Es wurde wieder einmal mit aller Deutlichkeit demonstriert, daß — selbst beim Fehlen der liturgischen Handlung — eine wirkliche seelische Einkehr, ein Höherblick, ein Sonntagsgastgeschenk für die grauen Alltage nur dort möglich ist, wo Bilder, Pfeilerbündel und Farbenfenster dem dienen, zu dessen Ehre unsere Meister ihre großen Messen geschrieben haben. Die Mödlinger Singakademie ist eine wohlgefügte,; zu beachtlichen dynamischen Steigerungen fähige Vereinigung. Ueberaus durchschlagskräftig sind die hohen Frauen- und Mädchenstimmen, gut daheim' in der genauen Betonung und in den Einsätzen die Männer.

Der Besuch bei Bruckner war etwas schwächer als bei B e e t h o v e n — bei dessen „M i s s a“ kaum ein Sitzplatz zu finden war — aber das Eintreten für Bruckner muß der Singakademie und dem Solistenquartett, das hier weniger glänzen kann, hoch angerechnet werden. Vor der Bruckner-Messe spielte Franz M ü 11 n e r virtuos Präludium und Fuge op. 63 von Reger. (Es sangen bei beiden Aufführungen: Traute Skladal, Elgreide Hofstätter, Ilona Steingruber, Erich Kienbacher, Roman Hencl, Kurt Equiluz und Fritz Nidetzky; die Solovioline im Benedictas bei

Beethoven spielte Csaba Bokay. Das Orchester stellte das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester.) Als die Besucher nach der „Missa“ schweigend, ohne Beifallsbezeigung Sankt Othmar verließen, läuteten ihnen die Glocken aus dem Turme des Karners weihevollen Abschiedsgruß. H. S.

In der alljährlichen Aufführung des „M e 1 k e r Oratoriums“ wurde heuer ein zeitgenössisches Werk geboten, „Die Seligen“ von Joseph Haas. Die Partitur vereinigt alle Vorzüge einer reifen Alterskunst, die behutsam Neues mit Altem lebensvoll zu verbinden weiß. Zu den hervorstechendsten Stilmerkmalen gehört ein echt volkstümlicher Zug und die Freude an barock-bildhafter Darstellung. Hinter dem Werk steht eine Weltanschauung, die ihren Optimismus aus dem Glauben schöpft, die um das Böse weiß, aber auch, daß es im Grunde schon besiegt ist.

Die Melker Aufführung, die zugleich die erste in Oesterreich war, kann als runde und volle Leistung bezeichnet werden. Sie stellt einen Höhepunkt dar in der Reihe der letzten Aufführungen. Der makellose Sopran von Frau Ilona Steingruber-Wildgans verlieh der „Stimme des Gewissens“ beseelten Ausdruck. Prof. A. Gruber-Bauer (München) gestaltete seinen hochdramatischen Part des „Rufers in der Wüste“ stimmlich und geistig souverän. Neu war die Mitwirkung des Melker Singvereins und eines Kinderchores der Hauptschule neben dem Stiftschor, den Sängerknaben und der Kantorei des Stiftsgymnasiums. Der Singverein und die Kinder haben die ihnen völlig neue Aufgabe durchaus gemeistert. Den Orchesterpart betreuten in gewohnter, gediegener Weise die Niederösterreichischen Tonkünstler. Der Dirigent Prof. Adolf Trittinger diente dem Werk in vorbildlich-selbstloser Weise. — Die Bedeutung dieser Aufführung wurde durch die persönlich! Anwesenheit de Komponisten .unSeiStriehe.HiG

B. B.

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