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Musik und Theater in Salzburg

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Es ist nahezu unverständlich, daß das Mozartorchester es ablehnte, sich im Rahmen des Neuaufbaues wieder als Orchester des Mozarteums unter der Leitung seines früheren Förderers zu konstituieren, sondern es vorzog, als selbständiger Veranstalter aufzutreten. Mancher Fehlschlag, manche Mißgriffe in der Wahl der Dirigenten und des Programms wären dem Mozarteumorchester so erspart geblieben. Zwar hat man in der letzten Zeit eingesehen, daß besonders die Dirigentenwahl für die Weiterentwickung von größter Wichtigkeit ist, aber immer wieder spürt man das Fehlen einer fürsorglich leitenden Hand, die tägliche Schulung, die zur Verfeinerung und Differenzierung des Klanges hinführt.

Zur österreichischen Erstaufführung der Chorphantasie „Das dunkle Reich” von Hans Pfitzner holte man den Münchner Dirigenten Hans Rosband. Das Werk zeigt Freude an kunstvoller Arbeit — trotz seines Ursprungs aus der Empfindung —, die besonders in einem „linearen” Kontrapunkt zum Ausdruck kommt. Der von Prof. J. Meßner einstudierte Domchor und das Mozarteumorchester unter H. Rosbaud, der den Hang des Komponisten zur Neuromantik noch unterstrich, brachten den vokalen Teil besser als den instrumentalen zum Ausdruck.

Der Dirigent Jacques Roussel brachte im zweiten Abonnementkonzert Werke J. S. Bachs. In der h-moll-Suite, deren eigentümlicher Zug in der Verwendung der Flöte besteht, verstand er es, die Grazie widerzuspiegeln, die Bach als einen Kenner und Darsteller höfischen Geistes und höfischer Kunst zeigt. Im 5. Brandenburgischen Konzert wäre die Un- erschöpflichkeit und Kühnheit der Instrumentierungskunst des Meisters durch die klare Auslegung des Dirigenten bestimmt zur Geltung gekommen, hätte das Orchester die entsprechende technische Fertigkeit besessen. In der c-moll-Symphonic von Brahms gelang es Karl Böhm, das Orchester über die gewohnten Grenzen mauszuführen. Gut gelang dem Dirigenten auch der „Don Juan” von Richard Strauß, dessen verschwenderische orchestrale Farbenfülle . an die Orgien eines Makart gemahnt. Ein Richard- Wagner-Konzert unter Rudolf Mora 11 s Leitung brachte ein populäres Programm, das durch die hohe Gesangskultur von Anny Konetzni und Karl Kamann veredelt wurde. In der Darbietung des Schneiderhan-Quar- tetts leuchtete die warme, unbeschwerte Heiterkeit des Mozart-Quartetts KV 428, während . das Philharmonia-Quartett besonders das 7. Streichquartett von D. Milhaud in seiner ästhetischen, transparenten Formung und das edle, mit allen Kontrapunktkünsten ausgestattete Rasumowsky-Quartett Beethoven mit schönem Klang spielte. Die beiden’Wiener Künstlerinnen Ljuba Welitsch und Elisabeth Schwarzkopf schenkten uns Liederabende, die sowohl durch die stilistische Behandlung der einzelnen Meister wie durch vorbildliche Tonbildung Höchstleistungen darstellten.

Im Landestheater hätte die „Zauberflöte” von W. A. Mozart unter der musikalischen Leitung von Meinhard Zallinger, der das Orchester mit einer fast untheatralischen Verhaltenheit führte, zu einer wohlabgerundeten Vorstellung werden können, um so mehr, als auch die solistischen Leistungen überdurchschnittliches Niveau aufwiesen. Jedoch die Regie und das Bühnenbild ließen die erhabene Zeit- losigkeit des Werkes vermissen, die ethischen Grundsätze, Streben nach Weisheit, Wahrheit und Menschenbeglückung, gingen im nebulösen Rahmen eines Zaubertheaters verloren. Musikalisch und darstellerisch einen reinen Genuß bot „La Traviata” von Verdi (Regie Alfred Jerger). Gesund, sinnenfreudig und unsentimental musizierte M. Zallinger, dem die Sänger, die er in den Mittelpunkt des Geschehens rückte, willig folgten. Vor allem Wilma Lipp war den gesteigerten Anforderungen der Titelpartie voll gewachten und erschöpfte alle Möglichkeiten, die einer Sopranstimme innewohnen.

Auf der Sprechbühne ragte aus einer Reihe von Unterhaltungsstücken das problematische Schauspiel „W ir sind noch einmal davongekommen” von Thornton Wilder hervor. Über Wert oder Unwert dieses amerikanischen, allzu amerikanischen Literaturprodukts ist bereits genug diskutiert worden, es sei daher nur erwähnt, daß sich bei der Salzburger Aufführung Regisseur R. Wegeier und die Darsteller, an der Spitze Tony van Eyck als Sabina-Lilith, mit großem Erfolg um die Formung des Stückes bemühten. Allem Anschein nach gelingt es dem Intendanten von Hamme allmählich, das Landestheater aus der künstlerischen Krise zu befreien, und berechtigte Hoffnung besteht, daß er mit einem verständnisvoll zusammengestellten Ensemble einen Spielplan aufbauen wird, der der Festspielstadt Salzburg würdig ist.

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