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Oper in Freiburg, Ballett in Stuttgart

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In der Wiener Volksoper soll noch während dieser Spielzeit Werner E g k s Oper „Die Zaubergeige“ gegeben werden, die sich gegenwärtig im Repertoire der Städtischen Bühnen Freiburg im Breisgau befindet. Der Text Ludwig Andersens (nach einer Komödie des Grafen Pocci) hält die Mitte zwischen Märchen und Burleske. Zur Belohnung für eine gute Tat bekommt der Bauernknecht Caspar von dem mächtigen Geist Cuperus eine Zaubergeige, deren Kräfte so lange wirken, als ihr Besitzer der Menschenliebe entsagt. Als berühmter Virtuose Spagatini trifft Caspar an dem Hof der schönen Ninabella seine Grete, um .deretwillen er auf die Geige verzichtet. Werner Egks Musik ist handfest, dramatisch wirksam und farbig. Ihren Effektdissonanzen, der Scheinpolytonalität (wodurch oft der Eindruck von einer falschspielenden Bauernkapelle hervorgerufen wird, die im vorletzten Bild auch tatsächlich auf die Bühne kommt) und dem für den bayrischen Volkstanz charakteristischen Wechsel zwischen Zweier- und Dreiertakt entsprachen auch die Bühnenbilder und Kostüme (von Hartel-Kratz) mit ihrer pikanten Synthese, von bäurisch-primitiv und modern-abstrakt. Unter der Leitung vqn Reinhard Lehmann als Regisseur und von Heinrich R e h m als Dirigent sah man eine wohlstudierte Aufführung, in der sich besonders Annemarie Leber in einer großen effektvoll-virtuosen Koloraturarie. Anton Lehmbach durch eine schön geführte Baritonstimme und das von Karl Bergeest geleitete Ballett auszeichneten. Die bereits 1935 vollendete Oper kann in ihrer Neubearbeitung von 1954 zur Aufführung an der Wiener Volksoper empfohlen werden, wobei es vielleicht vorteilhaft wäre, die erste, ein wenig primitive Szene auf dem Bauernhof sowie die bayrisch-derben Späße der beiden Strolche Fangauf und Schnapper zu kürzen.

Im Schauspielhaus der Württembergischen Staatstheater in Stuttgart, dessen Zuschauerraum zu Beginn dieser Spielzeit sehr geschmackvoll (und in aller Stille) in den Farben Weiß und Silber, Lavendelblau und Violett erneuert wurde, sahen wir einen höchst eindrucksvollen Ballettabend. Das Programm bestand aus zwei Standardwerken des klassischen Repertoires und der Ballettpantomime. Der 2. Akt von Tschaikowskys „Schvanensee“ wurde in der gleichen Choreographie gezeigt wie von der Balanchine-Truppe (Petipa-Iwanow). Die untadelige Strenge des Stils und die Disziplin vor allem der weiblichen Tanzgruppe ist dem Ballettmeister Robert Mayer zuzuschreiben, der anscheinend bei den Parisern in die Schule gegangen ist. In den Hauptrollen brillierten

Garielle Fried und Heinz C1 a u s s. Den anschließenden „Grand pas de deux“ tanzten Heinz Clauss und Gisela E r h a r d t, die neben ihrer Berliner Namenschwester Gisela Deege wohl eine der besten Solotänzerinnen an deutschen Bühnen ist. Sie kreierte auch die Titelpartie in Josef Bayers immer wieder unterhaltender „P u p p e n f e e“, die vom Ballettmeister Robert Mayer inszeniert und von Leni Bauer-Escy mit phantasievoll-lustigen Kostümen und Bühnenbildern ausgestattet wurde. Das Bühnenbild von Erich Dommes zu „Schwanensee“ war poetisch und dem Stil des klassischen Balletts fein angepaßt; einige Kostüme hätte man sich — durch George Wakhewitsch verwöhnt — etwas prunkvoller gewünscht. Die exzellente Aufführung des Tschaikow- sky-Balletts, an der das unter Josef Dünnwald spielende Orchester seinen wohlgemessenen Anteil hatte, zeigte, daß Stuttgart an der für die deutschen Bühnen der Nachkriegszeit so charakteristischen Renaissance des klassischen Balletts einen wesentlichen Beitrag zu leisten imstande ist.

ln einer von Berislav Klobucar dirigierten Aufführung der .iSalome” in der Staatsoper versucht« Dietrich Fischer-Dieskau mit seinem ausdrucksstarken und schönen Bariton die Gestalt des Jochanaan auch darstellerisch zu erneuern, indem er die — vermeintliche — Schablone des Wüstenheiligen, der aus einer anderen Welt kommt, durchbrach. Aber besteht nicht gerade darin das Wesen dieser Gestalt? Entzieht sie sich nicht theatralischem Realismus? Birgit N i 1 s s o n, die gefeierte skandinavische Wagnersängerin, ist von Natur keine Herodias- tochter, daher war das umstrittene „Doubeln“ am Platz (Edeltraut Brexner gestaltete den problematischen Salometanz nicht nur virtuos, sondern auch erträglicher, als wir ihn zu sehen gewohnt sind). Die gesangliche Leistung der Nilsson war hervorragend. In den übrigen Hauptrollen: Elisabeth Höngen, Laszlo Szemere und Karl Friedrich.

Die in Amerika lebende Jarmila N o v o t n a war nicht nur der Star, sondern auch der Stern einer Aufführung der „M a.dame Pompadour“ von Leo Fall in der Volksoper: eine große Dame, eine bezaubernde Schauspielerin und, immer noch, eine großartige Sängerin, deren leichter Prager Akzent jetzt sehr pikant ins Angelsächsische schillert. Mit ihrem Partner Per Gründen bildete sie ein ideales Operettenpaar, das an die glanzvollen Operettenaufführungen im alten Opernhaus am Ring erinnerte. (Wir sahen die Novotna dort zuletzt als Giuditta, mit Richard Tauber als Partner.)

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