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Salzburger Festspiele 1946

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Kaum waren die Schrecknisse des Krieges überwunden, ging das Salzburger Festspielkomitee schon daran, Vorbereitungen für die neuen Festspiele zu treffen. Dank der Unterstützung von seiten der amerikanischen Militärregierung konnten alle Maßnahmen getroffen werden, die die Abhaltung der Festspiele drei Monate nach der Waffenruhe ermöglichten. Gewiß war alles noch improvisiert, es fehlten die großen Dirigenten, Musiker, Sänger und Schauspieler, aber es zeugte von dem Lebenswillen der Österreicher, daß sie trotz der bitteren Leidensjahre sofort nach der Befreiung ans Werk gingen.

Die Festspiele 1946 standen schon im Zeichen einer sorgfältigen Planung und sicheren Vorbereitung. Wir müssen auch heuer noch manche berühmten Namen vermissen. Wenn auch zwei Künstler von Weltruf, die untrennbar mit den Salzburger Festspielen verbunden sind: Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt, nicht mehr unter den Lebenden weilen, so wird ihr Geist und Wirken lebendig sein und den diesjährigen Festspielen wieder ihr ursprüngliches Gepräge geben. Vor dem Salzburger Dom mit den im Glänze der scheidenden Sonne aufleuchtenden Türmen als Hintergrund wird wieder das alte, schlichte Spiel vom Sterben des reichen Mannes „Jedermann“ seine festliche und zugleich religiöse Atmosphäre ausstrahlen. Heinz Hilpert erneuert das Spiel getreu der Inszenierung von Max Reinhardt. Ewald Baiser übernimmt das Erbe Moissis und spielt den Jedermann. Frau Helene Thimig ließ die Festspielhausgemeinde wissen, daß sie nach Europa kommen und wahrscheinlich in ihrer Rolle als Glaube wieder auftreten wird. Da auch Eva Lissa für diese Rolle verpflichtet wurde, werden voraussichtlich beide

Künstlerinnen alternierend auftreten. Für „Jedermann“ sind sechs Vorstellungen vorgesehen, und zwar am 4., 11., 15., 18., 25. und 31. August. Sollte der nicht immer liebenswürdige Salzburger Wettergott Freilichtaufführungen nicht gestatten, so werden die Vorstellungen in das Festspielhaus verlegt. Die Commedia dell' arte, das Steg-reiflustspiel der großen barocken Theaterzeit, feierte in der Reinhardt-Inszenierung des Lustspiels von Carlo Goldoni „Diener zweier Herren“ einst ihre Wiederbelebung. Hermann Thimig wird dieses Lustspiel mit der Musik von Bernhard Paumgartner in der Felsenreitschule am 7., 9., 14. und 21. August zur Aufführung bringen.

Die Salzburger Festspiele waren von Anbeginn an als Mozart-Festspiele gedacht, und so ist es selbstverständlich, daß auf dieser klassischen Stätte der Mozart-Pflege seinen Opern besondere Sorgfalt gewidmet wird. Josef Krips studiert „Don Giovanni“ in der Originalfassung ein; Lothar Wallerstein steht für die Inszenierung das Festspielhaus zur Verfügung, das die amerikanischen Besatzungstruppen für die Zeit der Festspiele freigegeben haben, so daß er alle szenischen Mittel, mit denen die große, moderne Bühne ausgestattet ist, wirken lassen kann. Die Titelrolle singt Hans Hotter, in den weiteren Partien werden wir Anton Dermota als Don Ottavio, Ludwig Weber ab Komtur, Ljuba Welitsch als Donna Anna, Maud Cunitz als Donna Elvira, als Zerlinde Hilde Güden und als Leporello Georg Hann hören. Die Aufführungen finden am 1., 8., 13., 20. und 24. August statt. Auch „Figaros Hochzeit“ wird italienisch gesungen werden. Der junge österreichische Dirigent Felix Prohaska, der schon im vergangenen Jahr bewiesen hat, daß er reif ist, in die erste Reihe der Opernkapellmeister zu rücken, wird d'ese Vorstellungen leiten. Oskar Fritz Schuh zeichnet für die Regie. Walter Höfermayer singt den Grafen Almaviva, die Gräfin Maria Cebotari, den Figaro Ernst Kunz, die Susanne Irmgard Seefried, den Cherubin Elfie Mayerhofer, die Marzelline Ruth Michaelis und den Bartolo Ludwig Weber. Aufführungen finden am 10., 16., 19., 26. und 29. August statt. Das die Wiener Entwicklung von drei Jahrhunderten krönende, klassisch zusammenfassende musikalische Wiener Lustspiel „Der Rosenkavalier“ wir;1 natürlich auch in diesem Jahr nicht fehlen. Die von Hans Swarovsky geleiteten und von Direktor Wätelin inszenierten Vorstellungen fincren am 6., 12., 17., 22. und 27. August im Festspielhaus statt. Die Besetzung ist: Mars-hallin — Hilde Konetzm, Okavian — Maud Cunitz, Ochs — Fritz Krenn, Sophie — Erna Berger, Fanial — Georg Hann, Valzacdii — Peter Klein, Annina — Rosette Anday, Sänger — Anton Dermota.

Ein reiches Programm mit klassischer und moderner Musik weisen die Orchesterkonzerte auf. Carl Schuricht dirigiert Mozart, Beethoven und Bruckner, John Bar-birolli Mozart, Elgar und Brahms, Ernst Anserrnct Beethoven, Ravel und Strawinsky, Charles Muench Berlioz und Ravel sowie Tullio Serafin italienische Meister. Kammerkonzerte des Calvet-Quartetts, des Winterthur-Quartetts, des Phi'harmonia-Quartetts und Edwin Fischer mit den Wiener Philharmonikern werden im Mozarteum den Freunden absoluter Musik geboten. Unter Bernhard Paumgartner finden wieder' die abendlichen Orchesterserenaden in der Felsenreitschule statt und der Domkapellmeister Joseph Meßner dirigiert die Große Messe in Es von Franz Schubert, die Große Messe in F von Anton Bruckner sowie das Requiem von Mozart in der Aula academica.

Wenn auch die ausländischen Gäste infolge der Reisebeschränkungen in diesem Jahr noch fernbleiben müssen, so werden doch die Salzburger Festspiele dazu beitragen, Österreichs Ruf als kulturtragende Nation erneut zu künden.

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