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Schlagwerksolo und Genfer Psalmen

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Das Ensemble der „r e i h e“ beginnt sich im Wiener Konzertleben durchzusetzen. Die Ratlosigkeit und Ablehnung des1 Publikums :jst überwunden, die Ver- ■wWfühg 'HMl*'def VbHvlirlderun|1'.iihd. be-' -pinnenden •Einfühlung -Platz ccmacht. zumindest soweit dft'Progrifmingesralluhg Zusammenhänge aufzeigt wie im 3. Abonnementsabend, da man aus einem gutgewählten Debussy („En blanc et en noir“) klangliche Vorausnahmen und damit auch gedankliche Nähe zu den gegenwärtigen Experimenten spüren konnte. Das interessanteste Werk schien uns die „Transition" von dem jungen Argentinier Mauricio K a g e 1 zu sein, in der feste Strukturen vom Interpreten wahlweise überlagert werden können, wozu noch eine Tonbandaufnahme des gleichen Stük- kes sich mit der Interpretation mischt als weitere Überschichtung. Dieses Tonband gehört als drittes „Instrument“ zu Klavier und Schlagzeug. Zwischen Freiheit und Strenge erkannte man einen gesetzmäßigen Ablauf und fügte sich ihm. — Daß der „Ton an sich“ vom Schlaginstrument am überzeugendsten demonstriert wird, bewies der „Zyklus für einen Schlagwerker“ von Karlheinz Stockhausen, wohl zunächst vom Vltuosen her, das der Interpret Christoph Caskel erstaunlich beherrschte. Ein ganzes Orchester von Schlaginstrumenten, vom Xylophon bis zur Negertrommel, im Kreise aufgestellt, wird von ihm bedient, und auch dies in frei beginnender, an den Ablauf aber gebundener Folge. Gegen die sicht- und hörbare größere Eingängigkeit dieser Stücke blieben die Kompositionen für zwei Klaviere von Pierre Boulez (Structures) und Henri P o u s s e u r (Mobile) trotz der exakten Wiedergabe durch Alfons und Aloys Kontarsky dunkler und das Publikum ratloser, wohl, weil die Überwindung des traditionellen Klavierklanges wesentlich schwieriger als die des Orchesterklanges ist.

Eine Feierstunde zum 60. Geburtstag von Hans Erich Apostel veranstaltete die Döblinger Schule der Musiklehranstalten der Stadt Wien unter Leitung von Franz Schmitzer, zu der Direktor Weiss und Franz Schmitzer einführende Worte sprachen. Unter den aufgeführten Werken, die samt und sonders den Meister der kleinen Form bekunden (zu den großen Formen reichte der Rahmen nicht), schienen uns die „Drei Alpbacher Miniaturen" für Cembalo, von Gertrud Schmitzer, der sie auch gewidmet sind, auch auf einem nicht guten Instrument klar und durchscheinend gespielt, sowie die „Fünf Bagatellen“ für Flöte, Klarinette und Fagott am bedeutendsten, das „Largo" und die „Lieder der Sehnsucht“ hingegen einer vom Komponisten längst überholten Stilepoche anzu-

gehören. Lehrer und Schüler teilten sich in die durchweg gelungene und verständnisvolle Interpretation, denen sich als Gäste Maja Weis-Ostborn, Helmut Rieß- Kiiddf Twfirer jrfiSPHÄÄraffi Stiedl

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Gegen die große Zahl der Ausführenden (Symphoniker, Singakademie, Sänger-

knaben) kommt die musikalische Substanz der „Pseaumes de Genėve“ von Frank Martin nur schwer auf. Das Werk, zur Vierhundertjahrfeier der Universität Genf komponiert, verbindet Hugenottenpsalmen zu einer Kantate (musikalisch gesehen sind es Choralvariationen), daran erst der Aufschwung am Schlüsse erwärmt, während die unentwegt fließende, aber dürre Polyphonie trotz des durchweg fortissimo singenden Chors wenig überzeugende Kraft ausströmt. Man darf bei diesem Werk nicht an Martins „Mystere de la nativitė“ oder an „Le vin herbe", auch nicht an die „Weise von Liebe und Tod" denken, deren Ausdruckskraft hier nicht annähernd erreicht wird. Der Dirigent Hans Swarowsky tat sein Bestes, das allerdings der folgenden VII. Symphonie von Anton Bruckner mehr zugute kam.

Der Liederabend von Consuelo Rubio, die, begleitet von Eric Werba, Lieder in fünf Sprachen sang, darf ein kleines Ereignis genannt werden. Eine große, füllige, ausgezeichnet durchgebildete Stimme, dem Hochdramatischen ebenso zugewandt wie dem Lyrischen, vermochte die kleinen Formen des Liedes mit genau der Dosis von Stimme, Ausdruck und allen Nuancen

zu erfüllen, derer sie bedurften. Bei aller Gewandtheit lagen ihr natürlich die Volkslieder ihrer spanischen Heimat am lockersten, die man in Bearbeitungen von Guridi, Nin, de Falla u. a. als musikalische Edelsteinchen geschenkt bekam. F. K.

Ein interessantes Konzert, ausgeführt von den Wiener Symphonikern unter der Leitung Herbert von Karajans gab es im Musikverein („Die große Symphonie“). Die sechs kleinen Stücke für großes Orchester von Anton von Webern — und andere Kompositionen des Wiener Schönberg-Schülers — empfand man noch vor 30 Jahren als Endpunkt der Musik, als letztes müdes Verhauchen und Verklingen, wo der Ton und der Klang in die absolute Stille übergehen. Heute bekennt sich in der halben Welt eine junge Komponistengeneration zu diesem Stil und seinem Schöpfer, der ein Neuland der Musik aufgeschlossen hat. Karajan hat bereits in Berlin mit diesem heiklen und differenzierten Werk einen großen Erfolg gehabt. Hier litt der Effekt ein wenig durch die Placierung am Anfang des Programms, und auch der dreiklangschwelgerischen Es-dur- Symphonie von Mozart, die ein wenig teilnahmslos musiziert wurde, gereichte die Gegenüberstellung nicht zum Vorteil. — Um so effektvoller wirkte P r o- kofieffs VII. Symphonie, die letzte des großen russischen Meisters und zugleich das letzte Stück, dessen öffentlicher Aufführung der Komponist beiwohnte. Ursprünglich als „Kindersymphonie“ konzipiert (und in den Dimensionen der einzelnen Sätze tatsächlich auf ein symphonisches Minimum begrenzt: Gesamtdauer 30 Minuten), wuchs sie unter den Händen ihres Schöpfers zu einem melodienreichen, klangprächtigen, rhythmisch reich gegliederten Fresko, an dem große und kleine Kinder gleichermaßen ihre Freude haben können. Starker und langanhaltender Beifall.

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