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Swarowsky, Melles, Pauk

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Im Orgelzyklus im Musikuerein dirigierte Hons Swarowsky Händeis „Messiah“ in der Originalfassung (in englischer Sprache): Eine klug disponierte, klanglich perfekt dimensionierte Aufführung, in der Swarowsky den Singverein und die Ton-künstler zu höchster Konzentration anhielt. Wir haben den Chor (Einstudierung Helmuth Froschauer) lange nicht mehr so gut in Form erlebt. Präzise Artikulation, Homogenität und auf Wohlklang bedachte Phrasierung sicherten der Wiedergabe der Chorpartien höchste Intensität der Wirkung. Ein vorzüglich aufeinander ab- und eingestimmtes Solistenquartett, das mit Handels Oratorienstil offensichtlich sehr vertraut ist, sorgte für virtuose Interpretationen der kostbaren, technisch eminent anspruchsvollen Arien. Elizabeth Harwood, Helen Watts, John Mitchinson und John Shirley-Quirk wird man sich im Musikverein als ideales Barockoratorienquartett vormerken müssen. *

Ein in jeder Hinsicht anspruchsvolles Chorkonzert bescherte Hans Gilles-berger mit seinem Wiener Kammerchor im Mozart-Saal, ein Programm, wie es in dieser Konzentration und Ausgewogenheit in Wien viel zu selten anzutreffen ist. Hans Werner Hernes Chorphantasie (nach Worten Ingeborg Bachmanns) erwies sich als eindrucksvolles Repertoirestück, ein Werk aus fast lautlos vorbeigleitenden mediterranen Impressionen, subtilen Stimmungen, voll linder Nachtluft am Meer, an dessen Gestaden die Prozessionen zu Ehren der Heiligen entlangwallen. Der Wiener Kammerchor sorgte für eine akkurate, homogene Wiedergabe, in der es keinen Moment an feinen koloristischen Valeurs mangelte. Uberzeugend, wie die großen Sprünge und Kreuzungen in der Stimmführung gestaltet wurden. Mitglieder der Symphoniker assistierten delikat, r- Kontrastmalere a;uf Jdetostem,,Raum boten, ..Andrzej Hundziaks „Liryki“ für Sopran und zehn Instrumente; antike Texte dienen als Ausgangspunkt für eine raffiniert gearbeitete, dreiteilige musikalische Meditation über ein Zwölftonmodell. Singstimine und nachhaliendes Instrumentarium sind effektvoll verflochten. (Emiko Hyama pointierte die Poesie mit geschmeidigem, fülligem Sopran.) Johann Nepomuk David „Fünf Choralkantaten“, ein kalt leuchtendes Riesenopus von über 50 Minuten Dauer, wirkte trotz der korrekt ausgefeilten, lebhaften Wiedergabe klanglich spröde und sehr akademisch.

György Pauk, der im Schubert-Zyklus im Sendesaail Strawinskys Concerto en re spielte, ist eine Entdeckung fürs Wiener Konzertleben: Der junge ungarische Geiger — er lebt jetzt in London — ist eminent musikalisch, verfügt über bravouröse Technik, hervorragenden Geschmack. Strawinskys Stück geriet scharf kon-turiert, in der Tongebung haarigrauh, wie es besonders der Toccata entspricht. Meisterhaft interpretiert war das überschäumende Rondo, reinster Geigerseiltanz, mit mehrfachem Salto. Carl Melles leitete das ORF-Orchester exakt, mit überdeutlicher Zeichengebung. Schuberts „Ouvertüre im italienischen Stil“ (op. 170) und seine „Vierte“ gerieten entschlackt und voll Brio. Peter Schreier sang im Brahms-Saal einige Volkslieder von Brahms und Kinderlieder von Prokofieff (darunter op. 8). Er ist ein ungemein kultivierter Künstler, der seinen prächtigen lyrischen Tenor perfekt einzusetzen weiß. Intellekt und Geschmack sind stets präsent, Humor kommt nicht zu kurz.

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