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Urauf i abrangen — Alterswerke

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Die Zusammenstellung der Kohzertpro— gramme der vergangenen Woche wich erheblich vom üblichen Schema ab. Neben Uraufführungen gab es auch eine Reihe selten gespielter Werke zu hören. Die Uraufführungen bot der österreichische Rundfunk im Zyklus „Wir stellen zur Diskussion“. Paul Angerer dirigierte neben einem eigenen Werk Kompositionen von Paul Walter Fürst und Wolfgang GabrieL Alle drei Komponisten konnten sich als ausübende Musiker bereits einen guten Namen im Musikleben Wiens machen. Die Beherrschung des Handwerks konnte man also voraussetzen. Die „Sinfonietta“ des Bratschisten der Wiener Philharmoniker, Paul Walter Fürst, besitzt Eigenart und Farbe. Obwohl cie sich durch sehr persönliche Ausarbeitung auszeichnet, wirkt sie vielleicht noch ein wenig unfertig. Das am meisten überzeugende Werk war Paul Angerers „K o n-tert für Bratsche und Orche-iter“. Angerer verzichtet durchaus nicht auf zeitgenössische Ausdrucksfonnen, doch steht die Bratsche als einziges Streichinstrument den Holz- und Blechbläsern, der Harfe und dem Schlagzeug gegenüber. Solist war Ulrich Koch, der das übrigens auf Anregung de Rundfunks geschriebene Werk zu richtigem Glanz brachte. Wolt-gang Gabriels „Konzert für Orchester“ unterscheidet sich von den Arbeiten Fürsts und Angerers dadurch, daß es der Zwölftontechnik verpflichtet ist. Sämtliche Themen des dreisätzigen Werkes sind aus einer einzigen Zwölftonreihe und deren verschiedenen Ableitungen entwickelt. Trotz der konsequenten Einhaltung dieser Reihe wirkt das Werk gelockert, wozu Instrumentationscharak-teristika allerdings nicht wenig beitragen. Paul Angerer dirigierte die drei Uraufführungen sehr sicher und sehr persönlich. Das Rundfunkorchester bewies einmal mehr, wa in diesem, leider so oft zur Kaffeehauskapelle degradierten Klangkörper alle steckt.

Es ist etwas eigenes um die Alterswerke großer Komponisten. Alles Irdische haben sie abgestreift, fast möchte man sie weise nennen. Im 6. Konzert des „Romantiker-Zyklus“ waren die letzten Werke dreier Meister zu hören: Wolfgang Sa wallisch dirigierte Wagners Parsifal-Vorspiel und die Verwandlung s-musik aus dem 1. Akt Verdis „Quattro pezzi sacri“ und die „Vier letzten Lieder“ Richard S t t a u s s'. Clara Ebers sang die „Vier letzten Lieder“ mit einer Vollendung, wie sie beim Liedgesang in Wien schon lange

nicht mehr in hören war. Der Gesang Clara Ebers kommt aus dem Herzen. Die milde Abschiedsstimmung det Lieder, die zarte, wehmütige Melancholie verträgt keinen Arienstil und keinerlei Effekte. Die Einfachheit des Vortrages entspricht genau den Gedichten Hermann Hesses und Joseph von Eichendorffs, die Richard Strauss

ah letzte vollendete Werk vertont hat. Dem spontanen, dankbaren Beifall des Publikums für die Künstlerin schlössen ich auch Dirigent und Orchester an. Verdis „Quattro pezzi sacri“ gewannen Leuchtkraft und Brillanz durch den von Reinhold S c h m i d ausgezeichnet einstudierten Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde.

Die Weener Symphoniker boten unter der Leitung des „Pultromantikers“ Wolfgang Sawalli*ch eine ausgezeichnete Leistung.

„Das Gras ist verdorret und die Blume abgefallen“ — seltsame Mahnung mitten im Aufblühen des Wiener Frühlings. Die „Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor“ gab ihr schon zur Tradition gewordenes jährliches Konzert mit dem „Deutschen Requiem“ von Johannes Brahms. Dirigent der, um es vorwegzunehmen, ausgezeichneten Aufführung war der Leiter des Festspielchores Bayreuth, Wilhelm Pitz.

Der Staatsopernchor sang mit größter Differenzierung des Ausdrucks und mit einer Präzision, die diesem Ensemble nicht immer zu eigen ist. Der Orchesterpart mußte da natürlich etwas in den Hintergrund treten. Wilhelm Pitz legte den Bau und die Struktur des Werkes dar, ohne es mit klanglichen Raffinessen aufzuputzen. Die Solostimmen der Brahms-schen Totenmesse sangen Elisabeth G r ü m m e r und Eberhard Wächter. Frau Grümmer schien etwas indisponiert gewesen zu sein, das Tremolo machte sich, besonders in höheren Lagen, störend bemerkbar. Eberhard Wächter verlieh seinen beiden Soli baritonalen Glanz und beinahe

schon etwas zu viel opernhaftes Pathos. Auch ein in Wien bereits bestens bekanntes Kammermusikensemble war in der vergangenen Woche zu Gast. Das „Trio d i T r i e s t e“ spielte das c - M o 11-Trio aus Opus 1 von Beethoven und Dvofäks f-MolI-T r i o, o p. 6 5, Renato Zanetto-v i c h und Amadeo B a 1 d o v i n o spielten die Sonate für Violine und Cello von Maurice Ravel. Der neue Cellist des Ensembles, Amadeo Bäldovino, hatte ein gutes Debüt. Wir hoffen, die drei sympathischen Triestiner Gäste bald wieder in Wien begrüßen zu können.

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