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Wie's da drinnen aussieht...

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Von einer Sensation und „der Premiere des Jahres" trommelte die Werbemaschinerie für dieses Debüt Klaus Maria Brandauers an der Wiener Volksoper: Der Film-und Burgstar wagte sich erstmals an eine Operette. Und machte im voraus kein Geheimnis, daß er an Franz Lehärs „Land des Lächelns" wie an jedes schwierige Sprechstück herangehen würde.

Er hat sich dem Text von Herzer und Löhner tatsächlich „textkritisch" genähert - das bedeutet dreieinhalb Stunden Dauer - und versucht so, das Werk von Operettenklischees zu reinigen. Asher Fisch, der neue Chefdirigent der Volksoper, der Bühnenbildner Hans Hoffer und die Choreographin Liz King stürzten sich mit

Brandauer in dieses Abenteuer: Die Inszenierung zeugt davon, daß das Team viel über Wiens „Endzeit"-Gesellschaft - eine düstere Welt unterm riesigen Kristalluster - und über China mit seinem anderen Gesellschaftsund Moralkodex - ein Leben an der Großen roten Mauer - nachgedacht hat. Und daß alle bemüht waren, das Genre Operette durch eine Ubersiedlung in Opernnähe zu adeln: Der Wiener Akt bekommt Hofmannsthal-Atmosphäre verpaßt; leider sind Joachim Herzogs Kostüme erschreckend häßlich. Die beiden China-Akte sind mit sinnlosem Polizeiballett, Radlerszenen, Hochzeitszeremoniell und vielen anderen Details luxuriös herausgeputzt und vollgestopft. Das knallrote Bühnenbild, dessen Ziegel-wrand unablässig auf- und niederfährt, tut alles, dazu, daß von Leichtigkeit, Charme und Zauber der Operette nichts zu spüren ist.

Die Besetzung ist der Inszenierung weit überlegen: Johan Botha ist ein eindrucksvoller, schwermütiger Prinz Sou-Chong mit leuchtendem Stiaterial. Silvana Dussmann eine dramatische Comtesse Lisa voll Liebe, Hingabe und Verzweiflung; Birgid Steinberger und Peter Jelosits gefallen als sympathisches Buffopaar Mi und Gustl. So luxuriös wie hier sind die Sprechrollen des Werks selten besetzt: Walter Schmidinger als gräflicher Vater und Charmeuer Lichtenfels, Judith Holzmeister als rächender „Buchstaben des Gesetzes", Leon As-kin als Onkel Tschang und Bernhard Paul als Obereunuch bieten psychologische Kammerstudien. Der Schlußjubel wurde immer wieder von wütenden Buhkonzerten unterbrochen.

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