6555600-1948_19_14.jpg
Digital In Arbeit

Zwei Erstaufführungen

Werbung
Werbung
Werbung

Das Linzer Landestheater, welches gegenwärtig eine Intendantenkrise zu bestehen hat, lenkt im Laufe dieser Spielzeit zum zweitenmal die Aufmerksamkeit der Musikwelt auf sich. Nachdem die Krenek-Oper „Das Leben des Orest“ mit schönem künstlerischen Erfolg hier ihre österreichische Erstaufführung erlebt hatte, überraschte uns diese Bühne mit einem zweiten Premierenabend. Gegen Ende des ersten Weltkrieges hatte sich Max Reinhardt von Einar Nilson, dem Komponisten der Musik zum „Jedermann“, eine chareographisdie Musik nach Themen von Mozart zusammenstellen lassen, die in Linz als Ballettpantomime unter dem Titel „Die grüne Flöte" zur österreichischen Erstaufführung gelangte. Das chinesische Märchen wurde erst vorgelesen und dann — in einem zum Teil seht ansprechenden, farbenbunten Rahmen — vom gesamten Ballett getanzt (Choreographie und Einstudierung: Heli Nemetz und Lotte Wohlauf, Gesamtausstattung: Heinz Ludwig, musikalische Leitung: Karl Randolf).

Nach einem Text von August Strindberg schrieb der 1945 in Amerika verstorbene Komponist Frederick Block seinen Einakter „S a m u’m“, dessen dramatisch-erregte Handlung pausenlos in einer halben Stunde abläuft und in seiner ganzen Art und Anlage vielleicht am ehesten mit der „Elektra“ von Strauß zu vergleidien ist. Bedenkt man den Mangel an wirkungsvollen und künstlerisdi hochwertigen modernen Opern werken, so verdient das Werk von Block besondere Beachtung. Hier ist einmal eine vom ersten bis zum letzten Takt inspirierte Musik, die weder epigonal .noch krampfhaft „modern“ ist, die aber auch keine zwanzig Jahre früher hätte geschrieben werden können. Auch hier, wie in fast allen zeitgenössischen Opernwerken, ist das Streben deutlich, geschlossene musikalische Nummern zu schreiben. Wie aber diese einzelnen Stücke ineinander übergehen und wie sich aus ihnen der hochgewölbte dramatische Bogen aufbaut — das ist die eigentliche Leistung, der Kunstgriff des Komponisten, den ihm sobald keiner nadimacht. Aber vielleicht ist diese künstlerische Wirkung weniger Ergebnis theoretischer Überlegungen als eines sehr gesunden, entwickelten und wirkungssicheren Theaterinstinkts, wie wir ihn etwa bei d’Albert oder Puccini bewundern. Durch ihre konzentrierte Form und die Beschränkung auf drei Darsteller

(zwei Haupt- und eine Nebenrolle) würde sich das Werk ganz besonders auch als Radiooper eignen und sei unserer Ravag bestens empfohlen. Die Inszenierung lag in den Händen von Victor Pruscha; das einfache, aber stimmungsvolle Bühnenbild schuf Heinz Ludwig; die Träger der drei Rollen waren Hedy Paulini-Scholz, John Hugo-Karg. und Hans Auer. Besondere Anerkennung verdient die Leistung des jungen Dirigenten Karl Randolf, der sich mit schönem Eifer der schwierigen, anspruchsvollen und gutklingenden Partitur angenommen hatte. Auch das kleine Orchester löste seine Aufgabe ganz ausgezeichnet, und es wäre sehr bedauerlich, wenn dieses leistungsfähige Ensemble infolge der Schwierigkeiten, mit denen das Linzer Landestheater augenblicklich zu kämpfen hat, vor künstlerisch weniger hohe und lohnende Aufgaben gestellt würde. Aber nicht allein die Musiker und Schauspieler, sondern in , erster Linie die kunstverständigen Linzer Theaterbesucher wären die Leidtracenden und Zukurzkommenden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung