Cyrano - © Foto:  Anna-Maria Löffelberger

Anonymer poetischer Schreibknecht

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„Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand kann man auch als Hommage an all die anonymen Reden- und Artikelschreiber (nur an jene, die es ehrlich meinen!) verstehen. Ihr Name taucht nirgendwo auf und erst am Ende seiner Aktivität erhält so ein Anonymus oder eine Ano­nyma Name und Gesicht. Cyrano hat schon ein Gesicht, allerdings entstellt durch eine überdimensionierte Nase. ­Rostand hat ihm ein Denkmal gesetzt, es wurde zu einem der bekanntesten Stücke der französischen Dramengeschichte. Für das Salzburger Landestheater hat es nun der Chef des Hauses, Carl Philip von Maldeghem, in Szene gesetzt. Mit einem Kunstgriff macht er die „romantische Komödie“ mit zweifach letalem Ausgang für heute durchaus munter: Die Nonne Roxane gestattet sich mit rückwärts gerichtetem Blick, wie in einem Wachtraum, eine Rückschau auf ihr früheres Leben – das Ende als Anfang.

Cyrano betrachtet seine mehr oder minder eingestandene Liebe zur Cousine Roxane als aussichtslos, zumal sich diese in den attraktiven Christian verliebt hat, der aber alles andere als geistreich ist. Cyrano als Hirn, als Berufsschreiber, hilft mit Liebesbriefen aus und souffliert unter Roxanes Fenster dem hilflosen Christian. Im Wachtraum hatten sich die Mitschwestern Roxanes in Akteure verwandelt, zu Kadettinnen (außer Cyrano, Ragueneau und Montfleury sind alle Rollen mit Damen besetzt). Diese Damen aus dem Kloster gerieren sich als Cyranos wild-verwegene Jagd der Gascogner, allerdings wie Backfische in der Pause im Schulhof, gackernd und ­kichernd.

Cyrano de Bergerac ist Christoph Wieschke, der sich wegen seiner zu großen Nase für nicht voll liebesfähig hält. Roxane, Tina Eberhardt, vertraut ihre Liebe zu Christian de Neuvillette, Nikola Rudle, dem Cyrano an, und der schreibt die Briefe, schließlich sogar zwei pro Tag. Wie nun Cyrano, schon zu Tode verletzt, Roxane einen – seiner – Briefe vorliest, dann frei rezitiert, ist eine der stärksten Szenen in dieser Aufführung, die die Dichte des Stücks von Rostand ahnen lässt. Denn etwas mehr Poesie hätte der „romantischen Komödie“ keinen Abtrag getan. Da wäre man versucht, das Stück als Tragödie zu sehen.

Das minimalistische Bühnenbild – eine hohe Wand, die einmal die Klosterkapelle symbolisiert, gedreht die Mauer zum Fens­ter der Roxane darstellt – stammt von Karin Rosemann. Und man erinnert sich an das Flugzeugwrack als Hintergrund für Brabant in dem musikalisch gelungenen „Lohengrin“ mit dem Debut von Leslie Suganandarajah als Musikdirektor des Landestheaters in der Felsenreitschule. War das „Cyrano“-Bild dazu die Sparvariante?

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