Schwerkraft der Verhältnisse - © Foto: Marcella Ruiz Cruz

Berta oder Ein Puppenheim

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Dem beeindruckenden Schaffen der österreichischen Autorin Marianne Fritz wird endlich wieder Aufmerksamkeit zuteil. Das Akademietheater zeigt eine Dramatisierung ihres Romans „Die Schwerkraft der Verhältnisse“.

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Dem beeindruckenden Schaffen der österreichischen Autorin Marianne Fritz wird endlich wieder Aufmerksamkeit zuteil. Das Akademietheater zeigt eine Dramatisierung ihres Romans „Die Schwerkraft der Verhältnisse“.

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Großartige Schriftstellerinnen geraten im österreichischen Literaturkanon schnell zur Randnotiz, Marianne Fritz ist so ein Fall. Ihr eindringliches Werk zur österreichischen und europäischen Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts fand zwar zu Beginn ihrer Karriere viel Beachtung, wurde aber in weiterer Folge immer wieder von ­Kritik und Kollegenschaft marginalisiert. Thomas Bernhard soll gar versucht haben, ihre Veröffentlichungen beim Suhrkamp Verlag zu desavouieren, zum Glück ohne Erfolg.

Die steirische Autorin, deren scharfsinnige und einfühlsame Auseinandersetzung mit den beiden Weltkriegen an das literarische Schreiben von Veza ­Canetti und Ödön von Horváth anknüpft, ließ sich von derlei Scharmützeln nicht beirren. Mit der eindrucksvollen Dramatisierung ihres 1978 erschienenen Debütromans „Die Schwerkraft der Verhältnisse“ am Wiener Akademietheater in der Regie Bastian Krafts bekommt das beeindruckende Schaffen der 2007 verstorbenen Autorin nun endlich wieder gebührende Aufmerksamkeit.

Die Wunden des Krieges

Die Schwerkraft der Verhältnisse – das ist der Zweite Weltkrieg und seine Wunden. Sie lasten schwer auf Berta Schrei, der glücklosen Hauptakteurin des Stücks, deren Schicksal Kraft als poetisches Kammerspiel auf die Bühne bringt. „Ein Mann, ein Wort, und du bist verloren.“ Berta, gespielt von Katharina Lorenz, weiß, dass von männlichen Versprechungen nichts zu erwarten ist. Das erste Versprechen gab ihr Rudolf (Nils Strunk), die große Liebe ihres Lebens, der mit ihr zu den Melodien von Johann Strauss tanzte, sie schwängerte, aber nicht lebend aus dem Krieg zurückkam.

Das zweite Versprechen gab es von Wilhelm (Markus Meyer), dem traumatisierten Kriegsheimkehrer und Kameraden Rudolfs. Er schenkt ihr eine Kette mit Madonnenfigur und heiratet sie. Ihre aparte und ordnungsbewusste Freundin Wilhelmine (Stefanie Dvorak) sieht in dieser Verbindung von Beginn an keine Zukunft. Trotzdem steckt Wilhelm den Ring zunächst nicht an Wilhelmines, sondern an Bertas Finger, um einige Jahre darauf doch bei seiner ­Namensvetterin zu landen.

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