2. - © Foto: Anna-Maria Löffelberger

„Der Talisman“: Aufstieg und Fall einer schwarzen Perücke

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Im Salzburger Landestheater wird eine Perücke des Friseurs Marquis für Titus Feuerfuchs zum Talisman.

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Im Salzburger Landestheater wird eine Perücke des Friseurs Marquis für Titus Feuerfuchs zum Talisman.

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Was Haartracht und Haarpracht ausmachen können ‒ Titus Feuerfuchs weiß damit umzugehen. Er arbeitet sich mit einer zunächst schwarzen Perücke vom arbeitslosen Outlaw zum Privatsekretär der Frau von Cypressenburg empor. Das macht ihm so schnell keiner nach. 1840 war Gesellschaftskritik sogar in Hoftheatern in Wien angesagt.

Nun, am Landestheater Salzburg: Posse mit Gesang. Zunächst geht’s gegen die Vorurteile gegen rote Haare. Dann gegen das Karrieremachen mit nicht ganz sauberen Methoden. Von der schwarzen Lockenperücke, über Blond zu Grau und wieder zurück zu Rot. „Der Talisman“, ein Geschenk des Friseurs Marquis, den Titus vor einem Unfall bewahrt hat, erweist sich als Zaubermittel. Salome Pockerl lässt die neue Farbenlehre hingegen verzweifeln, weil der von ihr in echter Liebe Angehimmelte zunächst auf der Karriereleiter in den für ihn höchstmöglichen Himmel bei Frau von Cypressenburg gelangt. Opportunismus als Aufstiegshilfe.

Nestroy hat in diesem Stück auf Tempo geachtet, Ruhe verhießen nur die Couplets. Um bei der Musik zu bleiben: Für den Salzburger „Talisman“ hat Christian Auer zu den Songtexten von Regisseur Bernd Liepold-Mosser „einen neuen Sound“ geschaffen ‒ will heißen: Die Couplets sind verschwunden, dafür rockt und poppt es aus allen Ecken und Enden; zur reinen Freude des jungen Publikums, das da mitsingen möchte. Nicht ganz so glücklich bleiben jene zurück, die sich bei Nestroy und dem „Talisman“ anderes erwartet haben; auch Couplets, deren Wortverständlichkeit gegeben sein würde. Für sie war dieser Nestroy kein Nestroy. Hat sich da etwa ein Spaltpilz eingenistet?

Wie auch immer. Die Aufführung besitzt Frische, ist im Kern noch Nestroy in einem ganz anderen zeitgeistigen G’wandl. Die Kostüme entsprechend, lackfarben-glänzend, die Möblierung mit Quadern und Würfeln, wie man sie aus dem alten Geometrie-Unterricht kennt. Und die neue Bühnen- und Lichttechnik tut das Ihre zur Perfektionierung dazu (Ausstattung: Aurel Lenfert).

Die Schauspielerinnen und Schauspieler tragen ebenfalls das Ihre, das Entscheidende, zum Gelingen des Abends bei. Maximilian Paier ist ein wortgewaltiger Titus Feuerfuchs, der die Worte je nach Situation zu drechseln weiß. Die drei um ihn „besorgten“ Witwen, Frau von Cypressenburg, ihre Hofdame Constantia und die Gärtnerin Flora – Tina Eberhardt, Patricia Aulitzky und Britta Bayer –, zeigen gewisse Züge des Feminismus; das männliche Trio Plutzerkern, Friseur Marquis und Bierversilberer Spund – Georg Clementi, Marco Dott und Axel Meinhardt – hält dagegen. Siegerin bleibt die rothaarige Salome Pockerl, Lisa Fertner.

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