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Der Verstörer in der Festspielstadt

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Dem Lernenden und Studierenden, der sich in dieser überall nur im Rufe der Schönheit und der Erbauung und zu den sogenannten Festspielen alljährlich auch noch in dem Rufe der sogenannten Hohen Kunst stehenden Stadt zurecht und Recht zu finden versucht, ist sie bald nur mehr noch ein kaltes und allen Krankheiten und Niedrigkeiten offenes Todesmuseum ..."

Wer Thomas Bernhards literarische Abrechnung mit der Stadt Salzburg etwa im Text „Die Ursache" im Kopf hat, der spürt beim Besuch der beiden ihm gewidmeten Ausstellungen in der „perfiden Fassade" noch heute die Spannung, die das Verhältnis des Autos zur Stadt an der Salzach prägte.

Im Foyer des Kleinen Festspielhauses werden Fotografien von Erika Schmied präsentiert, die die ländliche Lebenswelt des Dichters in der Umgebung von Gmunden in Oberösterreich zum Inhalt haben. Diese großformatigen Schwarzweißaufnahmen zeigen den großen Querulanten und

Verstörer von einer möglicherweise noch immer eher unbekannten Seite: Sie vermitteln das Bild des akribi-schen Restaurators alter Bauwerke und des behutsamen Bewahrers der Zeugnisse bäuerlicher Lebensweise. Alle Bilder sind mit Bernhard-Zitaten Unterschrieben, die eine weitere Spannung deutlich machen: Die Spannung zwischen der Sehnsucht Bernhards dazuzugehören, daheimzusein, und der Gewißheit, nirgendwo dazugehören, beheimatet sein zu wollen.

Im Salzburger „Literaturhaus Ei-zenbergerhof" werden anhand von Bildern, Plakaten und Dokumenten Lebensstationen Thomas Bernhards nachgezeichnet etwa die Kindheit unter der geistigen

Obhut seines Großvaters Johannes Freumbichler, die Zeit journalistischer Tätigkeit, der Anfang literarischen Erfolges mit Erscheinen des Romanes „Frost" oder die von ihm verursachten „Skandale". Eine Vitrine mit den deutschsprachigen Erstausgaben, eine weitere mit den Ubersetzungen seiner Werke und eine Zusammenstellung der bisher erschienenen Arbeiten über Thomas Bernhard vermitteln einen Eindruck von der Wirkung des Autors auf die Literaturlandschaft der Gegenwart. Schaustücke aus dem Besitz Bernhards, eine Hör-Instal-lation und die Möglichkeit, Fernseh-Interviews auf Video anzuschauen, ergänzen diesen informationsreichen Einblick in das Leben und Schaffen eines der Großen der Gegenwartsliteratur.

Literaturhaus Eizenber-gerhof, Salzburg, Strubergasse 23, bis 24. August, Kleines Festspielhaus, bis 30. August

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