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Die Pfeile trafen nicht

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An denen, die die Pfeile schmiedeten, spitzten, schärften, mit ausgesuchtem Gift präparierten, lag es gewiß nicht: Weder an Richard Brinsley Sheridan, der die britische Gesellschaft von 1780 (nicht, wie im Programmheft zu lesen, die von 1700) beschoß, noch an Carl S t e r n h e i m, der dies, um einige Nuancen giftiger noch, der deutschen von 1910 besorgte. Wenn es diesmal gleich an zwei Orten danebenging — im Volkstheater, das Sheridans „Lästerschule” in einer leider zu wenig „freien”, das heißt nicht konsequent genug ins Heute übersetzten Bearbeitung spielte, und in der Courage, die Sternheims „Kassette” aufführte —, dann lag dies nicht an den Pfeilen, sondern an den Schützen beziehungsweise denen, die ihnen den Bogen spannten und das Ziel zuwiesen: den Regisseuren.

Peter Weihs, ein wirklich ernst und mit Hingabe bemühter junger Regisseur, wiederholte den Fehler seiner sommerlichen Volkstheaterinszenierung diesmal am wesentlich wertvolleren Objekt. Er ersetzte innere Rasanz durch äußerliche Groteskwirkungen, gallebittere Brisanz durch Grimassenschneiden. Sheridans Komödie ist zwar nicht, wie Byron einst behauptete, „die vollendetste der Welt”, aber sie ist eine Vorform des politischen Kabaretts, dessen Typen zeitlos wirken, wenn man sie in einem so raschen, wirbelnden Tempo vorführt, daß das Auge nicht allzu lange bei historischen Studien zu verweilen vermag. Es hat übrigens bei den Bühnenbildern Maxi Tschunkos wenig, bei den Kostümen, vor allem den stumpf-farblosen der Damen, die auch von Maxi Tschunko, stammten, kaum etwas von Genuß zu empfinden. Die Schauspieler des Volkstheaters sind keine Kabarettisten, sie legen sich mit so viel Verve und Nachdruck ins Zeug, daß das „Beiseite”, die stete. Bereitschaft zum Ironischen „Neben-der-RoIle”, kaum zu spüren ist. Und gerade darauf käme es an. Ausnahmen sind lediglich die beiden zwischen Walpole und Dickens angesie- delten Onkelbrüder, die Egon Jordan und Hans Rüdgers verkörperten.

Über die „Courag e” ist leider noch weniger Gutes zu berichten. Christian Möller versuchte, österreichische Schauspieler in ein Sternheim-Konzept zu pressen, das nicht schneidend-gefährlich, sondern nur hysterisch-überlaut wirkte. Der widerliche, erniedrigende Tanz der echten und geheuchelten kleinbürgerlichen Leidenschaften um eine erhoffte und nie erreichbare Tantenerbschaft hatte nichts von bedrohlicher Dämonie an sich, er wirkte possenhaft komisch. Aber das ist für einen Abend zu wenig. Erwähnen wir von den durchwegs nicht gut geführten, zum Teil aber (Helga Dohm) peinlich falsch besetzten Darstellern gerade eben noch den in manchen Szenen dem Original näherkommenden Photographen von Kurt Sobotka.

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