Heldenplatz - © Salzburger Landestheater

Ein Autor sucht neue Adressaten: Thomas Bernhards "Heldenplatz" in Salzburg

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Ob man sich daran gewöhnen könnte: Stream als Notnagel in Corona-Zeiten, in denen Kultur trotz Staatssekretariat nichts zu melden hat? Sozusagen „besser als nichts“? Und das zu Thomas Bernhards 90. Geburtstag mit seinem „Heldenplatz“ am Landestheater Salzburg. Das Skandalstück von 1988 im Burgtheater in der Regie von Claus Peymann. Alle wussten schon vor der Premiere, was kommen würde und breiteten vorsorglich Mist auf den Ring.

Jetzt also: „Heldenplatz“ in Salzburg. Längst für die Bühne geprobt, fit für die Premiere hatten alle gedacht. Und sich gefreut. Und das seit fast einem Jahr. Und nun ist die sorgfältige, am Wort des Autors orientierte Inszenierung von Alexandra Liedtke ein Stream geworden, ein Theatertext hat sich zum Filmtext gewandelt. Oder doch nicht. Denn eine neue, junge Generation beschäftigt sich mit dem Text, der vielen ehedem eine ausschließliche Beschimpfung Österreichs darstellte. Möglicherweise hat die Interpretation durch die Enkelgenera tion der Schauspieler auch eine Gewichtsverschiebung mehr zu existentiellen Fragen bewirkt, ohne das zeitgeschichtliche Element außer Acht zu lassen.

Bernhards Text ist stark genug, den Wechsel von der Dreidimensionalität zum Bildschirm nicht nur auszuhalten, sondern möglicherweise auch eine andere Sichtweise anzustoßen. Dieser starke Kontrapunkt gegen das Auf und Zu des gegenwärtigen kulturellen Mühlenspiels ist dem Bemühen des Intendanten Philip von Maldeghem zu danken.

Im Ensemble ist Professor (Onkel Robert) Schuster mit August Zirner besetzt, der darstellerisch überzeugt, weniger mit Sprechtechnik. In der Bühne von Eva Musil ist in dieser Quasi-Familienaufstellung mit pathologischen Zügen vor allem Britta Bayer als Frau Zittel mit ihren Monologen zu nennen, die mit ihrem Sermon den toten Professor Schuster analysiert, als läge er auf der Psycho- Couch. Ihr assistiert Patrizia Unger als Hausmädchen Herta, Genia Maria Karasek und Julienne Pfeil sind die Nichten Olga und Anna, Aaron Röll ein vielversprechender Sohn Lukas. Elisabeth Rath (1988 in Wien in der Rolle der Olga zu sehen) gibt die Witwe Hedwig Schuster, die immer noch die Sieg-Heil-Rufe der Nazis vom Heldenplatz hört.

Es fehlte das Publikum und es fehlte der Applaus. Das Dankeschön an Ensemble und Haus ist, zu Hause der zweistündigen Vorstellung zu folgen.

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