Apokalypse Miau - © Foto: © Birgit Hupfeld

Gelungene Parodie verlangt nach einem Nestroy für den Destroy

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In einer präzisen, den eigenen Betrieb auf die Schaufel nehmenden Uraufführung gelingt Volkstheater-Chef Kay Voges die Uraufführung von Kristof Magnussons „Apokalypse Miau. Der Destroay als Nestroy-Preis-verdächtige Produktion.

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In einer präzisen, den eigenen Betrieb auf die Schaufel nehmenden Uraufführung gelingt Volkstheater-Chef Kay Voges die Uraufführung von Kristof Magnussons „Apokalypse Miau. Der Destroay als Nestroy-Preis-verdächtige Produktion.

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Spätestens bei der Verleihung des Nestroy-Preises vor knapp drei Wochen wurde wieder klar, dass der Theaterbetrieb eine große Nabelschau ist, bei der es in erster Linie darum geht, sich selbst zu feiern. Heuer hat sich der Satiriker Peter Klien unter die Leute gemischt und amüsant auf den Punkt gebracht, dass es bei derlei Großveranstaltungen ums Sehen und Gesehen-Werden geht. „Hauptsache Publikumsliebling!“, so das Motto der Anwesenden. Doch wie der Namenspatron mit Vornamen hieß, welche Stücke er verfasste oder warum der Preis nach ihm benannt ist, konnte eine bedenklich hohe Zahl der nominierten und dekorierten Preisträger nicht wirklich beantworten.

Der isländisch-deutsche Autor Kristof Magnusson hat nun zusammen mit Gunnar Klack für das Volkstheater eine gelungene Persiflage verfasst: Aus der Nestroy wird die Destroy-Gala, ein Abgesang auf die Branche, deren Krise endgültig nicht mehr zu beschönigen ist. Oder auf deren Krise man nur mit Fragen an das eigene Metier reagieren kann.

Volkstheater-Chef Kay Voges hat die Uraufführung von Magnussons „Apokalypse Miau. Eine Weltuntergangskomödie“ als pointierte Show der Eitelkeiten inszeniert, in der selbst angesichts eines angekündigten Asteroideneinschlags nur die eigene Popularität zählt. Die brennenden Probleme der Zeit werden zwar dauernd diskutiert, allein, sie dienen nur dazu, das eigene Ego ins Spiel zu bringen, das sowohl vor cher Roberto Savianos – ebenso ungewöhnlich wie überzeugend. Das hat sowohl mit den Protagonistinnen – hier sind es eben keine zynischen Bosse und blutrünstigen Killer – als auch mit der zugleich raffinierten wie poetischen Erzählweise der Autorin zu tun. Am Anfang des Geschehens steht eine Abrechnung im Milieu, der Antonias Vater zum Opfer fällt. Mit einem Mord in der „Familie“ wird der Roman auch enden. Dazwischen liegen zwanzig Jahre, in denen die unverbrüchliche Freundschaft der Mädchen und späteren Frauen mehrfach auf die Prodem Vorhang als auch backstage inszeniert wird.

Dabei fächern Magnusson und Voges ein Kaleidoskop von Theatertypen auf, die sich in ihrer überzogenen Darstellung der Wirklichkeit annähern. Da ist der gealterte kommunistische Regisseur Wenjamin Olinde (Andreas Beck), der – ganz dem Klischee entsprechend – schwarz gekleidet und mit knallrotem Schal von den eigenen Erfolgen schwärmt; dann seine ehemalige Assistentin Meta Gleiberg (Anke Zillich), die in einem Fantasiehosenanzug, mit schwarzen Stiefeln und Sturmfrisur den Typus der queer-feministischen Theaterschaffenden gibt, die alles dem Diktat des Race-, Class- und Gender-Diskurses unterwirft und seit Jahrzehnten verspricht, ihre Auszeichnungen der eigentlichen „Heldin“, nämlich ihrer Putzfrau Slavica, zu widmen.

Dann ist da der reaktionäre Schauspieler Konrad Fidelius (Uwe Rohbeck) im Trachtenjanker, der genderfluide Choreograf Fritjof Blavatsky (Mario Fuchs), der koksende Autor und Komiker Christian Gustafsson (Christoph Schüchner) und ein ebenso hysterischer wie an Geschichte uninteressierter Jungstar namens Erasmus Selbach-Stein (Elias Eilinghoff) – eine gelungene LarsEidinger-Parodie. Durch den Abend führt die Moderatorin Bonnie van Klompp (Evi Kehrstephan), die à la Rudi Carrell vor dem Vorhang einen pseudocharmanten holländischen Akzent perfektioniert und das Publikum anleitet, wann applaudiert werden sollte. In dieser präzisen, den eigenen Betrieb auf die Schaufel nehmenden Uraufführung gelingt Voges eine Nestroy-Preis-verdächtige Produktion.

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