Einsame Menschen: Volkstheater - © Foto: © Nikolaus Ostermann / Volkstheater

Gerhart Hauptmanns Drama "Einsame Menschen" im Volkstheater

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Christine Ehardt über das stark gespielte Ensemblestück, das der spätere Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann 1890 schrieb.

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Christine Ehardt über das stark gespielte Ensemblestück, das der spätere Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann 1890 schrieb.

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Was tun, wenn einen der Lockdown in die Isolation zwingt? Die Schauspieler des Volkstheaters nutzten die spielfreien Tage für eine ausgiebige Arbeit an Gerhart Hauptmanns Werk „Einsame Menschen“. 1890 geschrieben, ist es eines der ersten Dramen des späteren Literaturnobelpreisträgers.

Autobiografische Notizen zu seiner Familie sollen den jungen Dramatiker zu dieser Beziehungsstudie inspiriert haben. Regisseur Jan Friedrich erarbeitete ein stark gespieltes Ensemblestück, das von Direktor Kay Voges in den letzten Probenphasen noch weiter aufgehübscht wurde. Der junge Intellektuelle Johannes Vockerat (Nick Romeo Reimann) lebt mit Frau, Mutter und dem Maler Braun (Claudio Gatzke) am Müggelsee vor Berlin. Während er versucht, seine wissenschaftliche Abhandlung fertigzustellen, sind Mutter und Ehefrau mit dem Haushalt und einem neugeborenen Baby beschäftigt.

Ein ungebetener Gast

Den Alltagsproblemen entzieht sich der wortgewandte Philosoph mit chauvinistischen Sprüchen. Seine Frau ist bereit, jede noch so große Schmach des egozentrischen Ehemannes mit stoischer Gleichmut hinzunehmen. Anna Rieser als Käthe Vockerat verharrt denn auch lange „madonnenhaft“, wie es gleich zu Beginn heißt, mit dem Kind im Arm in der Bühnenmitte.

Erst die junge Studentin Anna Mahr (Gitte Reppin) bringt Schwung in das versteinerte Beziehungsgeflecht. Frisch angereist aus der Schweiz, bleibt sie wochenlang als ungebetener Gast und vielbewunderte Muse im Haus. In Gelb gekleidet ist Anna der weltoffene Kontrapunkt zur isolierten Gemeinschaft, die auf der ganz in Grautönen gehaltenen Bühne in Enge und Tristesse gefangen zu sein scheint. Tatsächlich nimmt das Unheil weiter seinen Lauf.

Die Geldmittel gehen zur Neige, die Ehefrau verzagt, die Nerven der Mutter liegen blank. Nur Johannes weigert sich, der Realität ins Auge zu blicken, und bekommt dafür von Anna einen Eimer Wasser über den Kopf geleert. Erst der herbeieilende Vater (Stefan Suske) schafft wieder Ordnung. Der gelbe Störfaktor wird aus dem Haus verbannt, der Sohn leistet Abbitte und gibt sich angesichts der übermächtigen Vaterfigur kleinlaut.

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