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Herzog Blaubart und Simplicissimus

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Die Städtischen Bühnen Freiburg, Kunstzentrum der schönen Stadt an der Dreisam und des Badener Landes, brachten zu Beginn der neuen Spielzeit einen interessanten, dem zeitgenössischen Musiktheater gewidmeten Opernabend. Das erste Werk, Belą B a r t 6 k s Einakter „H erzog Blaubarts Bur g“, ist zwar schon 1911 geschrieben, aber der handlungslose, von der gewohnten Opernschablone abweichende Text von Bela Baläzs, der offensichtlich vom Märchensymbolismus Maeterlincks beeinflußt ist, sowie die eigenständige (wenn auch den späteren Stil erst andeutende) Musik Bar-

toks reihen diese Oper unter jene Werke, die zum eisernen Bestand des neuen Musiktheaters gehören.

In der Freiburger Aufführung hatte man auf den gesprochenen Prolog verzichtet und folgte dem Regiekonzept (Manfred H u b r i c h t) der Aufführungspraxis von Basel bis Budapest, indem die sieben symbolischen Türen nebeneinander placiert waren. (Vielleicht weist einmal ein mutiger Regisseur, etwa vom Format Wieland Wagners, einen anderen Weg der Inszenierung.) Das Bühnenbild von Toni B u s i n g e r war klar disponiert und suggestiv, die Kostüme der Hauptdarsteller beeindruckten durch ihren noblen Prunk. Dagmar N a ‘a f f und. A. C. A g r e 1 (i hießen die Protagonisten dieses Zweipersonenstücks. Sie haben mehr zu singen als zu agieren und entsprachen in jeder Hinsicht den hohen Anforderungen ihrer schwierigen Partien.

Bartok hat in dieser Partitur — als erster! — die Gesangslinie dem harten Ungarisch mit seinen häufigen jambischen Rhythmen genauestens angepaßt. Dadurch werden diese beiden Partien für deutschsprachige Sänger schwer „praktikabel“. — Diese Schwierigkeit besteht beim Orchesterpiart nicht, der vom Freiburger Orchester mit bemerkenswerter Klangschönheit und Intensität gespielt wurde. Auch der Laie mag bemerkt haben, daß der Premiere zahlreiche harte Proben vorausgegangen sein mögen. Motor und Lenker dieser schönen Aufführung war der junge, seit einigen Jahren in Freiburg wirkende Generalmusikdirektor H. Gierster

(ein Münchener, Schüler und Assistent von Clemens Krauß). Er sorgte am Dirigentenpult für Präzision und gab die großartige Musik Bartöks mit jener Spannung und jenem symphonischen Schwung wieder, dessen sie bedarf.

Eine weniger dankbare Aufgabe hatte sich GMD G i e r s t e r mit der Interpretation von K. A. Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“ gestellt. Diese drei Szenen aus des Simplex Jugend (nach Grimmelshausen von H. Scherchen für die Bühnen eingerichtet)

wurden bereits 1935 geschrieben, aber erst 1949 in Köln szenisch uraufgeführt. Zehn Jahre später legte Hartmann eine Neufassung des Werkes vor (das wir konzertant auch in Wien, im Mozatsaal, gehört haben). Aber diese lose aneinandergereihten Szenen und Musiknummern sind stilistisch irgendwie veraltet, und trotz des kleinen Instrumentalapparates ist der Eindruck vorherrschend, daß hier Untermalungs- musik gespielt und dramatischer Lärm gemacht wird. Dagegen gibt es im zweiten Bild (Simplex bei dem Einsiedler im Wald) schöne Episoden von lyrisch-meditativer Stimmung. Im ganzen, waren die optischen Eindrücke (Bühnenbilder und Kostüme von Toni Businget) erfreulicher als die akustischen — was aber nicht an der Interpretation lag, die kaum einen Wunsch offen ließ. Die Judith aus Blaubarts Burg, Dagmar N a a f f, hatte sich in den tumben Simplicius verwandelt: eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung und ein Zeugnis für das Talent einer jungen Sängerin, die, wenn sie nicht vor der Zeit überfordert wird, wahrscheinlich ihren Weg machen wird. In den übrigen Rollen wirkten Be Herren Lorant, Frey, Grimm, Heggen, Rieth, die Tänzerin Cäcile Mütschard und, als Sprecher, Hans-Reinhard Müller, der Intendant der Freiburger Städtischen Bühnen. Man hatte also die besten Kräfte für diesen modernen Opernabend aufgeboten, um dem Publikum, das sich bei der Premiere sehr aufgeschlossen zeigte, zwei Proben aus dem Repertoire des neueren Musiktheaters zu vermitteln.

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