Der-fliegende-Hollaender - © Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

"La Wally" und "Der fliegende Holländer": Das Finale als individuelles Versuchsfeld

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Alfredo Catalanis „La Wally“ im Theater an der Wien und Christine Mielitz' Inszenierung von Wagners „Der fliegende Holländer“ an der Wiener Staatsoper.

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Alfredo Catalanis „La Wally“ im Theater an der Wien und Christine Mielitz' Inszenierung von Wagners „Der fliegende Holländer“ an der Wiener Staatsoper.

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Verismo oder ein Werk in der Wagner-Nachfolge? Alfredo Catalanis „La Wally“ nach Wilhelmine von Hillerns einstigem Erfolgsroman „Die Geier-Wally“ hat von beidem etwas. Dirigentenprominenz wie Toscanini und Giulini oder Primadonnen wie die Callas und Tebaldi haben sich für dieses Dramma lirico eingesetzt. Ins Repertoire hat es dieser Vierakter trotzdem nicht geschafft, dazu fehlt es ihm an eigenständigem Profil. Populär geworden ist nur sein einziger Ohrwurm: die Arie der Wally aus dem ersten Akt, „Ebben? Ne andrò lontana“ (Nun denn, so werd ich in die Ferne ziehen).

Um aus diesem Sujet einen wirklich spannenden Abend zu kreieren, bedarf es jedenfalls konziser Personenführung und klarer Personencharakteristik. Genau das blieb die Regisseurin Barbora Horáková Joly in den von Alpenkitsch überfrachteten, klischeehaften Bühnenbildern und Kostümen von Eva-Maria van Acker am Theater an der Wien weitgehend schuldig. Zudem verschenkte sie das Schlusstableau. Sie lässt es in einem in dunkles Licht gehüllten Gerüst ablaufen. Am Ende bleibt Wally stehen, im Original stürzt sie ihrem in einem Schneesturm von einer Lawine verschütteten Liebhaber Hagenbach nach. Weil sie mitten in einem Traum steckt? Es erschließt sich ebenso wenig wie die entbehrlichen Videos.

Vornehmlich laustark-kraftvoll agierten Izabela Matula und Leonardo Capalbo als resche Wally und emphatischer Hagenbach. Gesanglich subtiler präsentierte sich Jacques Imbrailo als Gellner. Alastair Miles mimte glaubwürdig Wallys starrsinnigen alten Vater. Untadelig agierten der unschick gewandete Arnold Schoenberg Chor und die von ihrem Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada befehligten Wiener Symphoniker.

Unerwartete Finallösungen sind in der Opernwelt allerdings nichts Neues. Daran erinnerte die Wiederaufnahme der 2003 erstmals gezeigten Christine-Mielitz-Inszenierung der pausenlosen Version von Wagners „Der fliegende Holländer“. Die Regisseurin misstraut dem originalen Erlösungsgedanken. Deshalb steigen am Ende Senta und Holländer nicht in den Himmel auf. Stattdessen übergießt sich Senta nach dem Schwur ewiger Liebe mit Benzin. Sie findet in den Flammen den Tod, während das Schiff ein Opfer der Fluten wird. Wie immer man dazu stehen will: Jedenfalls ist es das spektakuläre Finale einer sonst exemplarisch das Geschehen nacherzählenden, klug die jeweiligen Konstellationen beleuchtenden Regie.

Franz-Josef Selig als profunder Daland und Bryn Terfel als vokal stellenweise schwächelnder, darstellerisch charismatischer Holländer blieben von der ursprünglichen Besetzung. Für die als Senta angesetzte Anna Kampe sprang Ricarda Merbeth kurzfristig ein. Schwungvoll führte Bertrand de Billy das spielfreudige, manchmal heftig auftrumpfende Orchester und die weniger überzeugenden Staatsopernchoristen durch Wagners düstere Romantik.

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