Josefstadt - Johannes Krisch als Weinberl und Julian Valerio Rehrl als Christopherl in  einer stilisierten Biedermeier- Parodie. - © Foto: Rita Newman

Nestroys Posse als Groteske – ein müder Spaß

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Kann ein solider Geschäftsmann zugleich ein „verfluchter Kerl“ sein? Da bieten sich zahlreiche Assoziationen zu (Ex-)Politikern an, doch am Theater in der Josefstadt wird die Frage eher allgemein gestellt. Stephan Müller hat Nestroys „Einen Jux will er sich machen“ als stilisierte Parodie auf das Biedermeier inszeniert. Eine müde Partie. Auch wenn Josefstadt Neuzugang Johannes Krisch einigermaßen Aufsehen erregt.

Nach 30 Jahren Burg ist er an die Josefstadt gewechselt und startet mit einer Glanzrolle, dem Weinberl. Wie viele Nestroyfiguren verfügt dieser über das Doppelbewusstsein, dass er trotz sozialer Aufwertung den Standpunkt der „kleinen Leute“ nicht verliert. Er bleibt trotz der neuen Position immer in Abhängigkeit und weiß um seine Situation.

Dieser Weinberl hätte zu Krischs Paraderolle werden können, doch in dieser mauen Interpretation bleibt die Nestroy’sche Verve auf der Strecke. Statt auf die satirische Kraft der Dialoge und den genauen Blick auf die verlogenen Verhältnisse zu setzen (die schließlich hochkomische Situationen ergeben), stilisiert Müller die Charaktere und inszeniert die Posse als Groteske. Damit entzieht er dem Stück die Grundlage und Nestroys Weinberl wird hier solider, als er es je sein könnte. Birgit Hutters Kostüme zitieren biedermeierliche Aspekte und offenbaren bedrohliche Begierden feiner Damen (Martina Stilp, Alexandra Krismer).

Denn sobald ein Mann in Aussicht ist, heben sie ihre monströsen Rüschenärmel und ziehen ihren Rock bis zum Schritt. Trotz beschämter Gesten sind die eigentlichen Absichten der nach Abenteuern lechzenden Damen entlarvt. Schließlich ist auch ihr Alltag in vielerlei Hinsicht fremdbestimmt und trist,die Aussicht auf Vergnügen vitalisiert.

Das Objekt der Begierde ist Weinberl, der das Spiel längst nicht mehr in der Hand hat und von einem Zufall in den nächsten stolpert. Trotz der beruflichen Verbesserung bleibt er in der spießbürgerlichen, kommerzialisierten Welt weiterhin Marionette. „Der Diener ist Sclav des Herrn, der Herr Sclav des Geschäfts.“ Sein Jux, nämlich zwei Tage frei und selbstbestimmt durch die Stadt zu streunen, wird in der Josefstadt zum Alptraum.

Auf die schwarze Leinwand wird das Wort „Jux“ projiziert. „Da draußen“ donnert und regnet es. Düster ist die Gegenwelt zum Geschäft, das zwar in viele kleine Schubladen, Kastln und Schränke setzkastenartig unterteilt ist (Bühne: Sophie Lux), aber immerhin Sicherheit zu bieten scheint. Auf Nummer sicher ist auch die Regie gegangen und zeigt einen Jux, der kein Spaß ist.

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