Was Ihr wollt - Szene - © Foto: Moritz Schell

Platter Klamauk mit Dragqueens

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Shakespeares „Was ihr wollt“ als Simandl-Ball.

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Shakespeares „Was ihr wollt“ als Simandl-Ball.

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Ein bisschen Conchita Wurst, ein wenig „Ein Käfig voller Narren“ und dazu „Stan und Ollie“: Als Drag-Komödie präsentiert Regisseur Torsten Fischer Shakespeares „Was ihr wollt“ in den Kammerspielen. In der Hauptsache aber handelt es sich um eine Parodie über Identitätspolitik.

Verwechslung und Rollenspiel bilden die Basis in Shakespeares Komödie: Die nach einem Schiffbruch in Illyrien gestrandete Viola verkleidet sich als Mann, nennt sich ab nun Cesario und wird zum Objekt der Begierde, vor allem von Gräfin Olivia, die sich am Ende mit Violas wiedergefundenem Zwillingsbruder Sebastian zufriedengibt. Hier ist jeder ein bisschen Frau, ein wenig schwul und dazu trans.

In Fischers Inszenierung werden sämtliche Rollen von Männern gespielt, nur eine – den Narren – gibt Maria Bill als traurigen Clown. Dass es Fischer um „Sein, (Schein) oder Nichtsein“ geht, demonstriert ein Einschub nach der Pause, wenn Bill Hamlets berühmte Zeilen spricht.

Dazwischen singt sie zu Astor Piazzollas Tangoklängen, begleitet von Aliosha Biz an der Geige und Krzysztof Dobrek am Akkordeon, denn Livemusik darf zurzeit am Theater ebenso wenig fehlen wie das Spiel mit dem non-binären Selbstverständnis.

Für zusätzliche Verwirrung im Verwechslungsspiel sorgt die Besetzung mit Julian Valerio Rehrl als Sebastian/Cesario/Viola. Die Rolle spielt ein Mann, der eine Frau spielt, die einen Mann spielt und dabei (fast) alle küsst. Die Suche nach dem anderen Teil des Zwillingspaares versteht Fischer als Metapher, als Suche nach dem inneren männlichen oder weiblichen Ich.

Martin Niedermair hat als Gräfin Olivia kein feminines, dafür aber ein tuntiges Ich gefunden. Liebestoll, zuerst mit schwarzem Schleier, dann in Strapsen und Bustier macht er/sie sich über Cesario/ Viola her. Die im Stück bedeutende Rolle eines Ringes, der für komische Momente des Irrtums sorgt, geht in der plakativen Zurschaustellung von Männer-Gelüsten aller Art unter. Zur Wollust reiht sich nämlich die Sauflust, die vor allem das ungleiche Paar Sir Andrew (Matthias Franz Stein) und Sir Toby (Robert Joseph Bartl) verbindet, die als skurriles Duo nach dem Vorbild „Stan und Ollie“ inszeniert sind.

Die einzige, die einen scheinbar klaren Kopf behält und mit einer List den opportunistischen Hausverwalter Malvolio (Dominic Oley) als machtversessenen MöchtegernDiktator entlarvt, ist das Dienstmädchen Maria. Alexander Strömer spielt sie kokett, die Fäden zusammenhaltend.

In der derb-frivolen Fassung von Torsten Fischer und Herbert Schäfer geht es im Grunde nicht um Geschlechterrollen, sondern nur um männliche Selbstverliebtheit, die sich die Schönheit der Frauen zunutze macht, in ihre Kleider und Köpfe schlüpft, und in der Folge kleinmacht. Dieser Männer-Spaß ist platter Klamauk mit Dragqueens, nacktem Männerbusen und eitlem Gockel-Gehabe. Kein Wunder, dass Maria Bill so traurig die Tangolieder singt.

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