Sturm - © Foto: Matthias Horn

Stürmische Irrlichter am Burgtheater

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Julia Danielczyk über das Stück "Der Sturm" am Burgtheater.

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Julia Danielczyk über das Stück "Der Sturm" am Burgtheater.

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„Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind, und unser kleines Leben ist von einem Schlaf umringt“, so lauten die poetischen Verse am Ende von Shakespeares letztem Drama „Der Sturm“. Der isländische Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson inszeniert am Burgtheater wirre Traumbilder in Form einer musikalischen Revue.

Arnarsson zeigt Prosperos Insel als Fantasiewelt, als magischen Raum, in dem alles möglich, alles gleichzeitig ist. Auf eine solche Insel gehört auch Live-Musik, für die Gabriel Cazes (am Klavier) und das Ensemble sorgen. Sie summen und spielen bekannte Pop-Songs, etwa Lou Reeds „Perfect Day“, singen zu ABBA oder den Rolling Stones, und man wähnt sie an einem karibischen Strand bei Sonnenuntergang. Angesteckt von der guten Laune schunkeln vereinzelt Zuschauer mit, schließlich ist gerade in besonders schwierigen Zeiten gegen einen „FeelGood“-Abend nichts einzuwenden. Doch schon bald überwiegt nur mehr Chaos in dem zweieinhalbstündigen Theater(alp)traum, der wenig mehr als ebendiese Idee zum Inhalt hat.

In der Ausstattung von Elin Hansdóttir spiegeln surreale Bilder und unzusammenhängende Assoziationen ein kollektives Gedächtnis, das jedoch über seine popkulturellen Erinnerungen nicht hinauskommt. Den Magier und ehemaligen Herzog von Mailand, Prospero, spielt Maria Happel. Sie versucht sich an der Aura eines Meisters, es bleibt jedoch beim selbstzufriedenen Betrachten der Drehbühne, auf der etliche Versatzstücke, wie Puppen, Kleider und Spiegel, arrangiert sind. Happels undefinierter Prospero lächelt selbstgefällig, wenn er dem Luftgeist Ariel Aufträge erteilt. „Nur zwei Stunden noch, dann bist du frei“, verspricht er Ariel (und den Zusehern, von denen so mancher bekümmert einen Blick auf die Uhr wirft). Mavie Hörbiger stellt Ariel als grimassierenden Kobold mit großen Gesten dar. Roland Koch sowie Michael Maertens sorgen (in Doppelrollen) für platten Klamauk. Wie zwei schmierige Schlagersänger aus den 1970er Jahren seufzen sie ins Mikro, während Florian Teichtmeister als böser Geist Caliban von Entengrütze verschüttet wird. Was ist das für eine Utopie, in der jeder macht, wozu er gerade Lust hat? Hauptsache, „es geht stürmisch zu“, heißt es in schlechten Wortspielen. Zu Arnarssons Traumlogik gehört auch die Entlarvung der Illusion. Nach einem Regenguss wischen die Bühnenarbeiter den Boden trocken, sie bauen Zelte und demaskieren die Maschinerie als theatralen Fantasieapparat.

Während die Welt aus den Fugen gerät – wovon nicht zuletzt auch Shakespeares „Sturm“ erzählt – kommt diese Inszenierung nicht über ein paar nette Ideen hinaus. Verloren wirken die Burg-Insulaner, wenn sie über die Bühne irrlichtern und nicht ein einziges Mal einen echten Ton finden.

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