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Theater für das Theater

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faszinierendes Schauspiel „Sechs Personen suchen einen Autor“ von einem berühmten italienischen Theaterensemble aufgeführt zu sehen, gesellte sich die Erwartung, dieses artistisch virtuos gekonnte Stegreifspiel eines Dramas „auf der Suche nach einem Autor“ in einem besonderen und ebenso originellen Auf- führungsstil dargeboten zu bekommen. Die römische „Compagnia dei Giovani“ ließ denn auch wissen, während ihres zweitägigen Gastspieles im Theater in der Josefstadt dieses so geschickt aus dem Bühnenalltag entwickelte, bezeichnenderweise „commedia da fare“ (eine zu verfassende Komödie) genannte Stück mit seinen verwirrenden Schichtungen, Überblendungen und Kontrasten, zwischen dem Schein und einer Wirklichkeit, die auch wieder nur Schein ist, in der Piran- dellischen Urauffassung aufgeführt zu haben. Dabei verwischen sich die Grenzen zwischen den Lebenden (die doch nur Phantasieschöpfungen eines Dichters und Rollen sind) und den Komödianten mit ihrem Direktor (die wirkliche Menschen sind). Die sechs unfertigen Personen des „abgebrochenen“ Dramas unterscheiden sich zunächst nicht wesentlich von den anderen Mimen: alle sind sie Schauspieler, die in Straßenkleidung und ungeschminkt an einer Art Generalprobe teilnehmen. Erst allmählich gewinnen die „Sechs Personen“, die gespenstischen Halbfiguren, im Theater auf dem Theater ihr Eigenleben und geraten so in Gegensatz zu den stark ironisch gesehenen Akteuren aus Fleisch und Blut.

Dem Regisseur und künstlerischen Leiter der Truppe, Giorgio de Lullo, gelang es, die Vermengung von Phantasie und Wirklichkeit, von Komödie und Tragödie, die romantische Mittel aufnimmt und gleichzeitig parodiert, ganz sinnliche Erscheinung werden zu lassen. Pirandellos Lebensphilosophie, im wortreichgescheiten Kommentar zu seinem Stück enthalten, wurde restlos in komödiantisches, effektvolles Theater umgesetzt. Der Tiefsinn steckte bei diesen prächtigen Schauspielern unmittelbar im Mimus. Ihnen allen gilt ein Pauschallob, angefangen vom mitspielenden Souffleur (Luigi Battaglia, der schon unter Pirandello souffliert hat) bis zu den Protagonisten der Aufführung: Romolo Valli, Rosella Falk, Elsa Albani und Piero Sammataro. Auf der anderen Seite die ganz reale Komödiantentruppe, in deren faįr ge Wjrtnis der .vįęlgepliigte, jpirfĮįtor ui Ä > Res??eur

Nora Ricci mimte die erste Schauspiele rin, Carlo Giuffre den ersten Schau Spieler. Stürmischer Beifall lohnte eir Theatererlebnis, das nicht so bald verges sen wird.

Was das römische Theater für Piran dello, sollte das Volkstheater für Nestroy leisten. Seine „Liebesgeschichten unc Heiratssachen“, 1843 entstanden, sint eine Posse des schon reiferen Nestroy voll Witz und Lebensweisheit, mit wel eher der erfahrene Bühnenpraktiker eir Stück echtes Theater schuf. Allen häli er einen Spiegel vor: dem protzigen Sei chermeister, der als geadelter Neureiche; mit dem dünkelhaften Marchese wett eifern will, den sentimentalen Verliebten den heiratslüsternen, schon iiberständiger Weibsbildern, vor allem aber dem cha rakterlosen Mitgiftjäger Nebel, der „eint spezielle Abneigung gegen die Arbeit unc einen Universalhang zur Gaudi in sic) tragt“, eine Art Wiener Tarttiffe an de; Grenze von Komik und Tragik, der bei Nestroy denn auch am Ende (entgeger der Volkstheater-Fassung) mit Schimpf und Schande davongejagt wird. Eint ganze Galerie Wiener Vorstadttypen vor einst wird lebendig und in den Reiger spaßhafter Verwechslungen einbezogen Vor allem aber gibt es ergiebige Rollen

Wenn sich bei der Aufführung in Volkstheater, unter der Regie von Gu stav Manker (dem wir schon viele aus gezeichnete Nestroy-Inszenierungen ver danken), keine rechte wienerische Lustig keit einstellen will, so, weil Nestroy; witzige bisweilen auch bissige Posse ir dem trostlos kahlen Bühnenraum (Helge Schwartzkopf) mit zuviel lärmender Tur bulenz und Grobheit wiedergegeben wird Wozu die vielen rüpelhaften Bedienter im Hause des übertrieben agierender Florian Fett (Herbert Probst)? Wozu dii lächerliche Nase seiner ledigen Schwä gerin (Hilde Sochor)? Heinz Petter. debütierte als Intrigant Nebel. Etwas ar den unvergessenen Hans Putz erinnernd könnte er vielleicht einmal ein echte; Nestroy-Darsteller werden. Egon J ordai war mit jedem Zoll der standesstolzr Marchese. Hilde Söchor konnte trot; ihres verunstalteten Äußeren einige Mali komisch wirken. Nett und sympathise! war Bernhard Hall als adeliger Sohr ohne Standesdünkel. Die übrigen Mitwir kenden boten mehr oder weniger An nehmbares. Das Publikum schien siel trotz, allem gut zu,,unteyhalten

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