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Tiefland, Carmen, Barbier

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Mit der Premiere von Eugen d'Alberts „Tiefland“ hatte die Volks-oper einen ihrer großen Abende. Rudolf Schock spielte und sang (als Gast) den Pedro. Seiner schlichten, aber herznahen Gestaltung glaubte man den reinen Toren und alle Zwischenstufen bis zum Mörder aus Liebe aufs Wort, und auf ihre Art überzeugte Christine Sorell als Martha ebenso unmittelbar. Wir glauben, daß diese Rolle sogar eine ihrer besten Gestaltungen ist. Ernst Gutstein gab den Sebastiano nicht nur als Bösewicht, sondern mit menschlichen Zügen, die auch menschliche Anteilnahme an seinem Schicksal schuf. Die junge Nuri in ihrer absoluten Natürlichkeit gewann Bedeutung durch die kluge und verhaltene Darstellung von Monique Lobasä. Auch hier fügt sich das Ensemble um die Solisten zu einem stimmungsstarken Ganzen. Die Bühnenbilder von Wolfram Skalicki schufen in ihren Dimensionen die spannungsgeladene Atmosphäre, die Inszenierung von Adolf Rott gab der Opfer und dem Drama zu gleichen Teilen das ihre, die Kostüme von Elli Rolf trafen auf gleiche Weise zu. Das Orchester unter Dietrich Bernet verstand es mit wenigen Ausnahmen, Kraßheiten der dem Effekt manchmal sehr geöffneten Partitur zu mildern, ihre dramatischen Stärken dagegen zur Geltung zu bringen.

Bizets „Carmen“ in der Staatsoper mit Regina Resnik in der Titelrolle erhielt durch die Hauptdarstellerin ein neues Gesicht. Der Abend glich einer Premiere, und auch die Spannung des Publikums war darnach. Regina Resnik spielte nicht einen Star (und die andern an die Wand), sondern ihre dämonische Rolle mit einer Echt- und Wildheit bis zur Beängstigung, immer im szenischen Erleben, nie für sich allein. Ihre dramatisch akzentuierte Stimme hat in der Mittellage die Sonorität und Absolutheit, die hier verlangt ist und sich souverän durchsetzt, auch im Forte des Orchesters. Sie hatte im Don Jose des James King einen ebenbürtigen Partner in Spiel und Stimme; beider Zusammenspiel machte mehr als einmal den Atem anhalten. Die gleichsam kontrapunktische Figur der frommen Micaela war in glockenheller Stimme und rührender Erscheinung von Hilde Güden verkörpert, der draufgängerische Escamillo von Aldo Protti glaubhaft gestaltet. Alle anderen Darsteller leisteten ebenso ihr Bestes. Alles war handfestes Theater, aber in Vollendung, wozu die Bühnenbilder von Günter Schneider-Siemssen, die Inszenierung Otto Schenks und die Kostüme von Hill Reihs-Gromes das ihre in konzentrierter Dichte beistellten. Die Aufführung hatte Atmosphäre wie selten. Das Orchester unter Berislaw Klobucar spielte eich warm daran. Franz Krieg

Die Inszenierung von Rossinis „Barbier von Sevilla“ in der Staatsoper erfreut immer wieder durch das reizende, in lichtesten Farben gehaltene Bühnenbild Alfred Sierckes mit den vielen simultanen Schauplätzen und durch die Regiekunst Günther Rennerts. Am Anfang in der Szene der Musikanten, erschien die „Lustigkeit“ noch etwas verkrampft, und der Kontakt des jungen italienischen Dirigenten Silvio Varvisio mit der Bühne und dem Orchester ließ zu wünschen übrig. Doch nach den ersten zehn Minuten war alle Nervosität überwunden, und es wurde eine ungetrübt heitere Aufführung von hohem Niveau. William Blankenship und Renate Holm hatten es als Nachfolger von Fritz Wunderlich und Reri Grist nicht leicht. Aber der neue Graf Almaviva erwies sich als wohlgelaunter und gut aussehender Edelmann mit schöner Stimme und strahlenden Spitzentönen. Als Rosine zeigte Renate Holm, Star von einem Dutzend Filmen und im Operettenfach zuhause, größte Spielgewandtheit und eine bemerkenswerte Beherrschung der schwierigen Koloraturen. Der Humor von Erich Kunz als Doktor Bartolo und von Oskar Czerwenka als Musiklehrer Basilio sind allein schon „abendfüllend“. Eberhard Wächter spielt und singt die Titelpartie mit Charme und Können, Klaus Ofczarek und Hilde Konetzni aus Bartolos Haushalt bringen Elemente des Grotesk-Komischen ins Spiel. — Eine Beobachtung am Rand: In der deutschen Textfassung, die von Günther Rennert stammt, bereitet bei den Presto-Stellen, den typisch Rossi-nischen Zeitmaßen, die Sprache fast allen Sängern Schwierigkeiten. Doch plädieren wir, trotz kleiner Schönheitsfehler, für die hier verwendete Übertragung: wegen der Verständlichkeit, die ein Bühnenwerk nicht entbehren kann.

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