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Volkes Stimme

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Wenn es ums Theater geht, wird ganz Österreich zur Bühne. Das Stück heißt „Der Theaterdirektor und Volkes Stimme”. Erster Akt: Ein Mann, dem der Buf des Erneuerers vorauseilt, wird zum Theaterdirektor bestellt. Stimmen aus dem Volk prophezeien den Untergang der guten alten Zeit. Zweiter Akt: Der Theaterdirektor an der Arbeit. „Alles, was wir lieben, wird kaputt gemacht”, klagen Teile des Volkes und sehnen sich lautstark nach der guten alten Zeit. Dritter Akt: Der Theaterdirektor scheidet aus seinem Amt. Fast schlagartig ändert das Volk seine Meinung, und der ehemalige Direktor wird plötzlich zum Helden, seine Direktion zur guten alten Zeit verklärt. Vorhang.

Dominique Mentha, designierter Direktor der Wiener Volksoper und Noch-Intendant des Tiroler Landestheaters, spielt die Hauptrolle in diesem Stück derzeit gleich an zwei Orten: „Eine Auszeichnung für Innsbruck”, kommentierte Hilde Zach, Kulturreferentin der Tiroler Landeshauptstadt, die Bestellung Menthas zum Volksoperndirektor. Noch zu Beginn dieses Jahres hatte diesselbe Dame Menthas Intendanz nach der skandalumwobenen Premiere von „Hoffmanns Erzählungen” in Frage gestellt. In Wien wiederum wird Mentha mit Bangen erwartet. Die „Presse” etwa fürchtet „überholtes Zeitgeistlertum” und „Entstellung”.

Theater hat für den 1955 in Basel geborenen Mentha die Aufgabe, „Verrücktes, Utopisches, Gefährliches und Provozierendes” zu vermitteln. Während der letzen sechs Jahre hat Mentha am Innsbrucker Landestheater damit zwar rund 2.000 Abonnenten vergrault, dafür begeisterte er ein junges Publikum für Oper und sorgte für internationale Anerkennung. An der Wiener Volksoper wird Mentha den von Klaus Bachler eingeschlagenen Kurs der Erneuerung weiterführen. Nicht experimentieren wird Mentha mit der Operette. Entsprechende Inns brucker Experimente bezeichnet er mittlerweile selbst als Fehler.

Am Lauf der Dinge ändert das nichts. Denn in Tirol haben sich schon die ersten ehemaligen Kritiker in Mentha-Fans verwandelt. Sollte er dereinst erfolgreich die Volksoper leiten, wird sich ganz Innsbruck auf die Brust klopfen. Und in zwanzig Jahren heißt es vielleicht auch in Wien: „Damals unter'm Mentha, ja des war noch was...”

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