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Wort im Zentrum

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Mit den ersten Strahlen der Frühlingssonne trafen Autorinnen und Autoren von internationalem Rang und Namen im Salzburger Gebirgsdorf Rauris ein: Brigitte Kronauer, Paul Nizon, David Grossmann, Christoph Bansmayr waren diesmal Brita Steinwendtners Ruf gefolgt, eine der traditionsreichsten Kulturveranstaltungen in Osterreich, diesmal unter dem Thema „Gewalt", (27. bis 31. März) mit ihrer Literatur zu bereichern. Der mit 100.000 Schilling dotierte Rauriser Literaturpreis ging an den Tiroler Raoul Schrott für seinen Roman „Finis Terrae", Brigitte Feusthuber erhielt den Förderungspreis für ihren Alpenkrimi „Geheimsache".

Doch Preise sind nicht die Hauptsache in Rauris. Im Mittelpunkt steht das Wort, das geschriebene, das gelesene, das gesprochene. Wo Realität mit Fiktion aufeinandertrifft, dort liegt Rauris, dort - so könnte man den Faden weiterspinnen - liegt Moor aus Christoph Ransmayrs Roman „Morbus Kitahara", dessen Sprachgewalt sich kaum jemand entziehen konnte, wie bei Ransmayrs Lesung im überfüllten Saal des Gasthofs Grimming deutlich wurde. Gewalt, zog sich gleichsam als Leitmotiv durch ein öffentliches Gespräch über Kindheiten, zu dem Brita Stein-wendtner am Samstag mit David Grossmann, Paul Nizon, Baoul Schrott aufforderte. Der Preisträger Baoul Schrott erzählte von den ersten Jahren seiner Kindheit in Tunis, wo er erfuhr, wie grausam Kinder zueinander sein können. Als er in seine Heimat Landeck in Tirol kam, fand er nur schwer Freundschaften mit Gleichaltrigen. Was blieb, war die Flucht in die Welt der Bücher.

Den Abschluß der Literaturtage bildete die szenische Lese-Uraufführung des Dramas „Carmen Rui-dera", das Ingeborg Bachmann im Alter von 17 Jahren verfaßt hat. In der Tradition von Schiller stellt sie ihre tragische Heldin als Zerrissene zwischen Vaterlandstreue und der Liebe zu einem Besatzungsoffizier dar. Ort der Handlung ist das von den Franzosen besetzte Spanien zur Zeit der Napoleonischen Kriege. Carmen gerät unter die Bäder einer gewalttätigen Männerwelt, der sie trotz ihres Muts nicht gewachsen ist. Der Regie von Klaus Gmeiner und den Darstellern, Leo Braune, Gustl Halenke, Thomas Holtzmann, Sona Mac Donald, ist es zu verdanken, daß eine denkwürdige Aufführung zustande kam. Daß die Rauriser Literaturtage auch heuer wieder ein großer Erfolg geworden sind, ist Brita Steinwendtners Verdienst, die es versteht, Autoren zu präsentieren.

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