
Geld und Psyche: Der innere Dagobert
Die grassierende Inflation verändert unser Verhältnis zum Geld. Ein Anlass zur Selbstreflexion: Denn der Umgang mit Finanzen ist oft durch unbewusste Einstellungen aus der Familiengeschichte geprägt
Die grassierende Inflation verändert unser Verhältnis zum Geld. Ein Anlass zur Selbstreflexion: Denn der Umgang mit Finanzen ist oft durch unbewusste Einstellungen aus der Familiengeschichte geprägt
Ein 50-jähriger Psychotherapeut beginnt, sich selbst zu hinterfragen. Er kann sich einige seiner Verhaltensweisen nicht erklären und macht sich auf die Suche nach „Familiengeheimnissen“. Aus der beruflichen Praxis weiß er schließlich, wie sehr das Leben vorheriger Generationen auf die eigene Biografie Einfluss nehmen kann. Und das geschieht meist unbewusst. Seine Suche ist erfolgreich, als er eine alte Tante im Pflegeheim trifft, die dort einen Koffer mit alten Familienfotos hütet. Sie erzählt ihm, dass es einen reichen Urgroßvater gab: Auf einem der Fotos sieht man einen beleibten Herren, der mit einer erheblich jüngeren Frau in einer Kutsche sitzt. Ihr soziales Selbstbewusstsein kommt in dem Bild deutlich zum Ausdruck.
Doch die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre hat alles zerstört, erzählt die Tante: Der Urgroßvater habe mit teurem Wein gehandelt, der dann kaum noch verkauft werden konnte. Er verarmte, als dann auch noch die Lagerhalle abbrannte, für die er keine Versicherung mehr bezahlen konnte. Bald darauf verstarb er – und der Psychotherapeut erkennt, dass daraus ein „Familienauftrag“ entstanden ist: Einer der Nachfahren sollte den Glanz und das Vermögen der Familie wiederherstellen. Durch harte Arbeit, ohne finanzielle Risiken einzugehen.
Lustfaktor und Machtmittel
„Mir hat man dies nie erzählt, denn solche Familienaufträge werden sprachlos, nur durch Stimmungen transportiert“, berichtet Wolfgang Krüger in seinem neuen Buch, das den biografischen Geheimnissen des Geldes gewidmet ist. „Jedenfalls wurde mein Leben durch einen solchen Auftrag bestimmt.“ Der Berliner Therapeut wusste jetzt, warum er wie getrieben arbeitete und fast schon obsessiv auf den finanziellen Erfolg fixiert war.
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