Biden und Kurz: (Ohn-)Macht mit Ansage

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Ob Joe Biden oder Sebastian Kurz: Politik lebt von klaren Festlegungen und Schlagworten. Dass sich diese im Zweifel an Umfragen und nicht an Notwendigkeiten orientieren, ist fatal.

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Ob Joe Biden oder Sebastian Kurz: Politik lebt von klaren Festlegungen und Schlagworten. Dass sich diese im Zweifel an Umfragen und nicht an Notwendigkeiten orientieren, ist fatal.

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Joe Biden hat also Wort gehalten: In der Nacht von Montag auf Dienstag hob die letzte US-Maschine vom Flughafen Kabul ab. Wie vom Präsidenten für 31. August verheißen, ging damit der längstwährende Krieg der Vereinigten Staaten zu Ende. Durch den überstürzten Abzug hinterlässt die Supermacht in Afghanistan zwar einen Scherbenhaufen – die apokalyptischen Bilder von Menschen, die sich an Flugzeuge klammern und in die Tiefe stürzen, werden Biden begleiten. Dennoch verteidigt der Demokrat nach wie vor seine Entscheidung, den von Donald Trump mit den Taliban vereinbarten Truppenabzug mit Datum zu versehen und trotz unabgeschlossener Evakuierung zu exekutieren. „Es war an der Zeit, diesen Krieg zu beenden“, erklärte er – und beendete damit auch die Ära der USA als globaler Nachhilfelehrer in Sachen Demokratie.

Tatsächlich ist das „Nation Building“ auf amerikanische Art – mit Drohnen-Straflektionen von oben – katastrophal gescheitert. Dennoch macht der unkoordinierte Abzug das Chaos perfekt. Biden hat dadurch nicht nur international, sondern auch in seinem Homeland an Zustimmung verloren, doch die Mehrheit der Amerikaner hält Bidens (unausgesprochene) „America First“-Strategie nach wie vor für richtig. Es war dieser Faktor, der für ihn wohl letztlich ausschlaggebend war. Koste es, was es wolle.

Politik heißt auch, das Notwendige tun

Andere Menschen zu einem bestimmten Denken oder Verhalten bewegen und den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchsetzen können: Darin besteht nach Max Weber das Wesen von Macht. Ihre dunkle Seite ist offensichtlich, am deutlichsten eben in Afghanistan, wo nach 20 Jahren zaghafter Freiheit wieder islamistische Repression regiert – besonders grausam gegenüber Frauen. Doch ohne Macht ist auch das Gegenteil undenkbar: Jede freiheitliche Demokratie lebt davon, dass gewählte politische Entscheidungsträger nicht nur den vermeintlichen „Volkswillen“ exekutieren und sich an Meinungsumfragen ausrichten, sondern auch Menschen davon überzeugen, das Notwendige zu tun.

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