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100 Familien-Millionen für Finanzamt-Computer

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Kein höherer Familienzuschlag, keine Beihilfendynamik. Dafür schafft sich jetzt die Finanzbürokratie Computer auf Kosten des Familienlastenausgleichs an. Wegen umständlicher Bürokratie.

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Kein höherer Familienzuschlag, keine Beihilfendynamik. Dafür schafft sich jetzt die Finanzbürokratie Computer auf Kosten des Familienlastenausgleichs an. Wegen umständlicher Bürokratie.

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Am 13. Dezember 1991 hat der Nationalrat, auch im Zusammenhang mit den notwendigen Begleitgesetzen zum Budget 1992, eine neuerliche Novelle des Familienlastenausgleichsgeset-zes beschlossen. AnfangOktober hatte das Familienministerium - noch vor derBudgeteinigung-einen „Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz geändert wird", zur Begutachtung versandt.

Durch die nachfolgende Einigung der Koalitionspartner wurde der Vorschlag des Ministeriums in einem Punkt verbessert. Hatte der Familienpolitische Beirat Anfang Juli eine Erhöhung der Familienbeihilfe um 200 Schilling gefordert und das Familienministerium eine Erhöhung um 100 Schilling pro Kind und Monat vorgeschlagen, einigten sich die Koalitionspartner darauf, mit Jahresbeginn 1992 die Familienbeihilfe um 100 Schilling und perl. Juli 1992 um weitere 50 Schlling anzuheben. Die Kosten dafür: rund 2,6 Milliarden Schilling. „Die letzte Erhöhung der Familienbeihilfe erfolgte am 1. Jänner 1990. Seither haben sich die Lebenshaltungskosten um rund acht Prozent erhöht. Es ist daher angezeigt, die Familienbeihilfe allgemein zu erhöhen", stellt der Familienausschuß in seinem Bericht fest.

Mit dieser Anhebung wird zwar in etwa der Wertverlust der Familienbeihilfe nach dem Verbraucherpreisindex ausgeglichen. Jedoch gibt die-

ser Index die die Familien treffende reale Verteuerung der verschiedenen Preise nur unzureichend wieder. So gab es beispielsweise im Oktober 1991 eine starke Verteuerung der Preise für Bekleidung (etwas, was die Beihilfe beispielsweise abdecken sollte) und eine starke Verbilligung der Preise für Reisearrangements.

Nach dem Bundesvoranschlag soll auch das, was der Fonds für die Schülerunfallversicherung, ohne daß es Leistungsverbesserungen gibt, bezahlen muß, um 50 Prozent auf 60 Millionen Schilling steigen.

Gezielte „Plünderung"

Des weiteren haben sich die Koalitionspartner darauf geeinigt, daß der Familienlastenausgleichsfonds die Kosten des zweiten Karenzjahres zu bezahlen hat. Dies bedeutet für 1992 eine Mehrbelastung von zirka 1,7 Milliarden Schilling. In einem Abände-rungsantrag der Abgeordneten Ga-brielle Traxler (SPÖ) und Hans Hafner (ÖVP), die sich beide wiederholt gegen „Plünderungen" des Fonds ausgesprochen haben, wurde als Begründung angeführt: „Die Mittel der Arbeitslosenversicherung, aus der die eine Hälfte des Karenzurlaubsgeldes getragen wird, reichen im Jahr 1991 nicht aus. Im Zuge der Budgetverhandlungen wurde daher vereinbart, daß nur im Jahr 1992 der Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen den Aufwand an Karenzurlaubsgeld, der im zweiten Lebensjahr des Kindes anfällt, zur Gänze trägt." Ebenso muß der Familienfond das halbe Karenzgeld für das zweite und das dritte Lebensjahr zur Gänze tragen.

Wortreich wurde von diversen Politikern begründet, daß dies berechtigt sei, weil es sich um keine arbeitsmarktpolitische, sondern eine familienpoli-

tische Maßnahme handelt. Wenn es eine familienpolitische Maßnahme ist, ist es ungerecht, daß weiterhin der Bezug von einer vorhergehenden Erwerbstätigkeit abhängig sein soll und dadurch eine Gruppe von Müttern/ Vätern ausgeschlossen wird.

Diese neuerliche Budgetsanierung auf dem Rücken der Familien ist offensichtlich der Grund dafür, daß von den weiteren - vom Familienministerium selbst vorgeschlagenen Maßnahmen - nun keine Rede mehr ist.

Die ursprünglichen Pläne: Mit dem Hinweis, daß mit dem Familienzuschlag zur Familienbehilfe (das sind derzeit 200 Schilling pro Kind und Monat, wenn bestimmte niedrige Einkommensgrenzen nicht überschritten werden) „einer allgemeinen Forderung nach Ausrichtung von Fami-

lienleistungen nach sozialen Gesichtspunkten Rechnung getragen" wurde, sollte mit dem neuen Jahr der Familienzuschlag um 100 Schilling monatlich pro Kind erhöht werden. Ebenso sollten die Einkommensgrenzen für den Familienzuschlag stärker nach einem gewichteten Familieneinkommen ausgerichtet werden. Dazu hätte der Erhöhungsbetrag für Kinder angehoben werden sollen.

Schließlich wurde vom familienpolitischen Beirat einstimmig empfohlen, noch eine Dynamisierung der Familienbeihilfe (inklusive Zuschlag) vorgeschlagen. Das Ministerium erinnerte daran, „daß die Familienbeihilfe dem Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung dienen soll, die die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung, Erziehung usw. von

Kindern verursachen. Um eine reale Werterhaltung des derzeitigen Fami-lienbeihilfenbetrages und des Familienzuschlages sicherzustellen, soll ab 1. Jänner 1993 eine Dynamisierung erfolgen." Nach den Vorstellungen des Familienressorts sollte die Entwicklung der Familienbeihilfe künftig an die der Pensionen angebunden werden, einer anerkannten Meßgröße.

200.000 Kinder in Armut

Nach Berechnungen von Universitätsprofessor Christoph Badelt leben bereits über 103.000 Familien mit mehr als 200.000 Kindern unter der Armutsgrenze; es sind dies besonders Familien aus unteren sozialen Schichten und mit nur einem Einkommen. Eine „familienpolitische Schande" (Ruth Feldgrill-Zankel).

Unterm Strich ist damit für die Familien weniger geschehen, als das Familienministerium selbst vorgeschlagen hatte. Dafür hat der Nationalrat für etwas anderes Fondsgelder lok-kergemacht: Da die Beihilfenstellen „die einzigen Abteilungen in den Finanzämtern" sind, die noch nicht „die auf Grund ihrer Arbeitsbelastung" dringend erforderliche EDV-Infrastruktur haben, muß der Lastenaus-gleichfonds „im Hinblick auf diese außerordentlich prekäre Arbeitslage im Jahr 1992 diese Kosten als ausnahmsweise einmaligen Pauschalbetrag übernehmen. Die Kosten wurden auf Grund einer Vorstudie mit 100 Millionen Schilling geschätzt." Als Begründung werden die Einkommensgrenzen beim Familienzuschlag, beim Zuschlag zur Geburtenbeihilfe sowie der vorrangige Anspruch der haushaltsführenden Mütter auf die Familienbeihilfe und der damit verbundene höhere Administrationsaufwand angeführt.

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