7209654-1992_26_03.jpg
Digital In Arbeit

1,85 Millionen Ehen, 16.391 Scheidungen

Werbung
Werbung
Werbung

Die einen sehen sich in ihrer Überzeugung vom Verfall der Sitte und Moral bestätigt, die anderen in ihrer Theorie, daß die Ehe passe sei. Zwei Extrempositionen zu einem Faktum: 1991 wurden 16.391 Ehen rechtskräftig geschieden, 14.791 davon im Einvernehmen.

Neuer Scheidungsrekord! Jede dritte österreichische Ehe wird geschieden! An sich entsprechen die Schlagzeilen durchaus der statistischen Realität: Und die ist, daß im Vorjahr um 109 Ehen mehr geschieden wurden als noch 1990, daß damit die Scheidungsrate - verglichen werden relativ kompliziert die Scheidungsfälle mit den Eheschließungen der entsprechenden Heiratsjahrgänge - auf 33,53 Prozent geklettert ist.

Die dürren Zahlen stehen für fast 50.000 Schicksale, für die in ihrer Beziehung gescheiterten Ehepartner und für die - in 10.164 Scheidungsfällen -zerbrochenen Familien, besonders hart davon betroffen die 13.427 minderjährigen Scheidungswaisen. Da gibt es nichts zu bagatellisieren.

Trotzdem darf das nicht den Blick auf die gesellschaftlich ebenso realen Proportionen verstellen. Und unbestreitbare Tatsache ist, daß es in Österreich, obwohl die Zahl der Heiraten sinkt und die der Scheidungen steigt, nach letztverfügbarem Datenstand - die Ergebnisse der Volkszählung selbst lassen noch auf sich warten - mehr als 1,85 Millionen Ehepaare gibt, 1,15 Millionen davon mit Kindern.

Faktum ist, daß heute täglich rund 45 Ehen rechtskräftig geschieden werden. Faktum ist aber ebenso, daß nach wie vor die meisten Ehepartner der Tod scheidet: fast 90 pro Tag.

Selbst wenn man sich vor Augen, hält, daß die Zahl der „Ehen ohne Trauschein" in den letzten Jahren auf über 80.000 gestiegen ist - und vom Scheitern solcher Beziehungen kündet keinerlei Statistik - ändert das am Gesamtbild nur wenig. Die Abgesänge, die auf die Ehe laufend da wie dort angestimmt werden, folgen angesichts von 1,85 Millionen aufrechter Ehen einer mißtönigen Partitur.

Das heißt nun nicht, daß alles eitel Wonne und Waschtrog wäre. Das bedeutet nur, daß die große Mehrheit der Partnerschaften auch den Krisen des Alltags standhält, an denen im Vorjahr wiederum 16.391 gescheitert sind. Aber nicht wenige Beziehungen sind - allen Schwierigkeiten zum Trotz - glücklich.

Natürlich gibt es zu denken, daß häufiger junge Ehen schiefgehen. Der zeitgeistige Egoismus und die zunehmende „Bindungsunfähigkeit" hat freilich alle gesellschaftlichen Bereiche - nicht nur Ehe und Familie - erfaßt. Und es fehlt überall an „Streitkultur" - aber leider nicht an schlechten Beispielen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung