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1980 war zu kalt

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Das Wetter des Jahres 1980 zeichnete sich durch zwei auffallende Besonder­heiten aus: Erstens durch ein entschie­denes Überwiegen von Perioden mit unterdurchschnittlichen Temperaturen und zweitens durch einen Wetterablauf, der meist nicht den Vorstellungen ent­sprach, die man üblicherweise vom Wetter der verschiedenen Jahreszeiten hat.

Dieser bereits im Februar einset­zende und das ganze Jahr über durch­haltende anormale Wetterablauf führte schon zu Beginn der Wachstumsperi­ode zu einem Vegetationsrückstand von zwei bis drei Wochen, der nicht mehr aufgeholt werden konnte. Er hatte schließlich eine um drei bis vier Wochen verspätete Ernte zur Folge.

Während die Getreideernte trotzdem gute bis sehr gute Erträge aufwies, mußten bei wärmeliebenden Feldfrüch­ten wie Mais und Wein Einbußen und Qualitätsverminderungen in Kauf ge­nommen werden. Der verfrühte Win­tereinbruch Anfang Oktober verzö­gerte dann noch die Aussaat des Win­tergetreides.

Die Wetterempfindlichkeit von Landwirtschaft, Wirtschaft im allge­meinen, Verkehrswesen, Fremdenver­kehr usw. verlangt, daß man sich viel­leicht näher mit dem Schlechtwetter­jahr 1980 befassen sollte, das nach dem guten Wetterder 70er Jahre unter Um­ständen eine Serie wieder schlechterer Jahre signalisieren könnte.

Es gibt im Weltwettergeschehen nämlich gewisse Hinweise, daß bis zum Jahr 2000 eine Rückkehr zum kälteren Klima des vorigen Jahrhunderts erfol­gen könnte.

In jedem Jahr wechseln kalte mit warmen Wetterperioden einander ab; ein „beständiges“ Wetter gibt es höch­stens nur über kürzere Abschnitte. Die „Natur“ des Wetters in den mittleren Breiten ist seine Unbeständigkeit.

Die durch Beobachtung erhaltenen meteorologischen Parameter, wie Tem­peratur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung, Windstärke, Bewöl­kungsgrad und Niederschläge pendeln um die „Normalwerte“, das sind die durch Berechnung gefundenen langjäh­rigen Durchschnittswerte. Die beob­achteten Werte der Parameter liegen bald oberhalb, bald unterhalb der be­rechneten Normalwerte, die selber nur selten erreicht werden.

Das „normale Wetter“, das angeb­lich zu Großvaters oder Urgroßvaters Zeiten geherrscht haben soll, hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Das Wetter war in unseren Breiten schon immer starken Schwankungen unterworfen und es hat sich auch früher nur selten an die astronomischen Jahreszeiten gehal­ten.

Von dieser Tatsache kann man sich

leicht durch Einblick in das seit 1775 vorliegende und niemals unterbrochene Datenmaterial auf der Hohen Warte überzeugen.

„Blitzschnelle“ Wettereinbrüche, Wetterkatastrophen, extreme meteoro­logische Entwicklungen u. dgl. gehören zu jenen Wetterereignissen, die trotz des Einsatzes modernster technischer und organisatorischer Hilfsmittel wie Wettersatelliten, Wettercomputer, schnellschreibender Wetterfernschrei­ber und einer weltweiten Katastrophen­überwachung in Weltwetterzentralen kaum vorhersagbar sind.

Bei solchen Entwicklungen wirken Mechanismen zusammen, die sich ge­genseitig aufschaukeln und zu einem Grad verstärken können, der oft die menschliche Phantasie, vor allem aber den menschlichen Mut übertrifft.

Wer getraut sich schon eine Kata­strophe vorherzusagen? Schon aus dem Grunde nicht, weil die sicherste Eigen­schaft einer Vorhersage ist, daß sie nicht unbedingt eintreffen muß. Ein „Katastrophen-Vorhersagedienst“ wird daher wahrscheinlich immer sehr problematisch bleiben.

Hofrat Dr. Leopold Kletter leitete die Wetterabtei­lung der Zentralanstalt Tür Meteorologie und Geo­dynamik in Wien.

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