6977666-1985_51_04.jpg
Digital In Arbeit

1986: Finanzkater bei Pensionisten

19451960198020002020

Ohne spektakuläre Paukenschläge für Bürger und/oder Steuerzahler beginnt 1986. Der Steuerdruck hält unvermindert an - und die AUA fliegt Linie nach Venedig.

19451960198020002020

Ohne spektakuläre Paukenschläge für Bürger und/oder Steuerzahler beginnt 1986. Der Steuerdruck hält unvermindert an - und die AUA fliegt Linie nach Venedig.

Werbung
Werbung
Werbung

Aus dem Bauernbund ist's klipp und klar zu hören: „Wirklich neue Belastungen gibt es keine. Nur solche, die sich aus dem bisherigen System ergeben“, sagt dort ein Pressesprecher. Die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belastungswellen der beiden vergangenen Jahreswechsel sind über uns hinweggerollt, zum Neujahrskonzert 1986 erkennt der vom „Mallorca-Paket“ noch etwas angeschlagene Bürger, daß sogar ein paar Zuckerln für ihn bereitliegen.

Die Erhöhung der Postgebühren um durchschnittlich 9,5 Prozent ab 1. Februar trifft alle Postkunden.

Da ist das Fallen der Obergrenze für die Kategorie A im Mietengesetz ab 1. Jänner (bisher 24,40 Schilling pro Quadratmeter) schon ein härterer Brocken^ vor allem in Wien — und ein erster Schritt hin zur Aufweichung „roter“ Mieterschutzmodelle, wie manche behaupten.

Den schlimmsten staatlich verordneten Kater dürften die Pensionisten zu Beginn des neuen Jahres erleiden. Die 40. ASVG-Novelle, die die Berücksichtigung der Arbeitslosenrate für die Bemessung der Pensionen vorsieht, zeigt nun erstmals Wirkung: Statt 3,9 magere 3,5 Prozent Pensionserhöhung. Ist es da noch ein Trost, daß der Pensionisten-Absetzbetrag nunmehr 2.640 Schilling statt bisher 2.400 Schilling ausmacht?

Da ist die 41. ASVG-Novelle im Vergleich zu ihrer Vorgängerin eine Fingerübung der Sozialpartner, sieht sie doch einiges Positive vor: Wer einen in Konkurs gegangenen Betrieb übernimmt, braucht künftig nicht auch noch eventuelle Beitragsschulden des Arbeitgebers an die Sozialversicherung übernehmen — eine kleine arbeitsmarktpolitische Wohltat. Oder die Einführung eines sozialversicherungsrechtlichen Schutzes für Zeitsoldaten.

Geklotzt, nicht gekleckert, hat Österreichs Regierungsequipe bekanntlich bei dem Bemühen um weniger Gift aus dem Auspuff. Die von den USA übernommenen Abgasvorschriften für Diesel-PKW treten am 25. Mai, jene für Ottomotoren mit mehr als 1.500 Kubikzentimeter am 1. Oktober in Kraft. Ab dann also gilt auch für Neuanschaffungen in der gehobenen Mittelklasse: Katalysatorpflicht.

Weitere Umweltschutzmaßnahmen ab 1. Jänner 1986: Der Schwefelgehalt der Dieselemissionen stationärer Anlagen wird auf maximal 0,15 Prozent halbiert, das Fernwärmeinvestitionsgesetz verlängert und in seinem Anwendungsbereich ausgedehnt, der Einsatz von Düngemitteln einem strengeren Verfahren unterzögen — freilich nur mineralischer. Womit der Klärschlamm vom neuen Düngemittelgesetz nicht berührt wird. Aber was an Umweltschutzmaßnahmen noch alles fehlt, würde ohnehin Kataloge füllen.

Auf der Straße wird im neuen Jahr nicht nur für die Sicherheit der Atemwege etwas getan, auch der restliche Körper soll nach Möglichkeit heil bleiben: Sturzhelmpflicht für Mopedlenker, von der Zulassung an einjähriges „grünes Pickerl“ auch für Dieselfahrzeuge und Einspurige.

Mit 1. Jänner 1986 tritt auch das neue Heeresdisziplinargesetz in Kraft. Danach werden Berufssoldaten und Reservisten, zumindest was die Bestrafung anlangt, weitgehend gleichgestellt. Grundtenor der neuen Bestimmungen: weniger Arrest, mehr Geldbußen und Degradierungen bei Disziplinarvergehen im Militärdienst.

Szenenwechsel zum Abgabenänderungsgesetz 1985. Das sieht ab 1. Jänner 1986 vor,

• daß Mitgliedsbeiträge zur Gewerkschaft steuerlich absetzbar sind,

• daß sich Ehepaare Wohnungseigentum bis 150 Quadratmeter, das sie sich zu gleichen Teilen angeschafft haben, gegenseitig steuerfrei schenken dürfen,

• die steuerbegünstigte Beteiligung an der verstaatlichten Industrie durch private Anleger

• und Befreiung des Erwerbs noch nicht fertiggestellter Eigentumsheime und -Wohnungen von der Grundsteuer. Auch hier führen „Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten“ zu keiner nachträglichen Erhebung der Grunderwerbs Steuer.

Uberhaupt kommen „partnerschaftliche“ Lösungen beim Gesetzgeber für 1986 in Mode: Die Mit-Kredithaftung der Frau ist ab Neujahr eingeschränkt auf eine Ausfalls- statt, wie bisher, eine Solidarbürgschaft, was bedeutet, daß der Gerichtsvollzieher nicht mehr so einfach die Unauffindbarkeit des Mannes als Anlaß zu Pfändungen bei seiner Angetrauten nehmen darf.

Familien mit Sorgen um ihren reifegeprüften, studierunwilligen und arbeitslosen Nachwuchs können im kommenden Jahr vielleicht etwas ruhiger schlafen: Wer über 18 Jahre alt ist, beim Arbeitsamt gemeldet, aber nicht studiert, dessen Eltern erhalten auch weiterhin Familienbeihilfe. Ein weiteres soziales Loch wäre somit gestopft.

Zwei Urlaubstage mehr

Sogar „Geld sparen“ sollen Herr und Frau Österreicher nach den neuen Bestimmungen für 1986 können — freilich nicht durch Steuersenkungen, sondern den Fahrschein zum Finanzamt: Die Gültigkeit der aktuellen Lohnsteuerkarte wird um zwei Jahre bis 1987 verlängert. Wegen verschiedener Vermerke (Kinder, Alleinverdienerabsetzbetrag, Hinzurechnungsbeiträge) braucht der Bürger bis dahin nicht mehr im allmächtigen Amt erscheinen, Freibeträge (wie Werbungskostenpauschale) gelten jedoch nicht automatisch weiter.

Die letzte Etappe der Urlaubsverlängerung ist mit Beginn 1986 erreicht: zwei Tage kommen hinzu (insgesamt nun 5 Wochen, ab dem 25. Dienstjahr 6 Wochen). Die Metall- und Bergbauarbeiter sowie die Angestellten der Metallindustrie arbeiten ab 1. November 1986 nur noch 38,5 Stunden wöchentlich bei vollem Lohnausgleich. Die gewonnene Freizeit können Sie mit Fernsehen ausnutzen - bloß nervt uns der ORF ab 1. Jänner auch an Sonn- und Feiertagen mit Werbung. Oder Sie besteigen schnell den neuen Linienflug der AUA — nach Venedig.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung